07. Juni 2019

Stationäre Pflege und Medizin: meist nicht selbstständig

Bundessozialgericht sorgt mit Grundsatzurteil für Klarheit beim Status

Bei Pflegekräften, die in stationären Pflegeeinrichtungen tätig sind, ist die Arbeit nur in Ausnahmefällen selbstständig zu erledigen. Mit diesem Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) heute klargestellt: Ob jemand selbstständig oder scheinselbstständig beschäftigt ist, wird im Einzelfall nach Gesetz sowie den über Jahrzehnte entwickelten Kriterien zur Scheinselbstständigkeit entschieden. Der Berufsstatus ist also kein Wunschkonzert und selbstverständlich auch nicht vor allem von der Einkommenshöhe abhängig. Letzteres hatte das BSG vor drei Tagen noch einmal betont, als es für Honorarärzt*innen, die in Krankenhäusern arbeiten, ebenfalls feststellte, diese seien normalerweise sozialrechtlich abhängig Beschäftigte.

Zu beiden Grundsatzurteilen liegt das Urteil noch nicht im Volltext vor, aber bereits die BSG-Pressemitteilung zu den Pflegekräften wie zuvor die Pressemitteilung des BSG zu den Honoarärzt*innen stellt wortgleich klar, dass ein Mangel an Fachkräften keine gesetzlichen Regeln außer Kraft setzen könne, „um eine Steigerung der Attraktivität des Berufs durch eine von Sozialversicherungsbeiträgen ‚entlastete‘ und deshalb höhere Entlohnung zu ermöglichen.“ Wenn eine Tätigkeit nur eingegliedert in die Organisationsstruktur des Kunden (oder hier der Einrichtung) möglich ist, spricht bereits Vieles für eine Scheinselbstständigkeit. „Bloße Freiräume bei der Aufgabenerledigung, zum Beispiel ein Auswahlrecht der zu pflegenden Personen“ reichen nicht, eine freie unternehmerische Tätigkeit anzunehmen. Dazu gibt es bereits eine Vielzahl von höchstgerichtlichen Entscheidungen, jedoch noch nicht bei Krankenhaus- und Pflegestationen. Daher hatten sich beim BSG nun 15 Fälle angesammelt, die in dieser Woche komplett als „nicht selbstständig“ beschieden wurden.

Erfreulich ist neben der nun geschaffenen Klarheit im Medizin- und Pflegebereich auch, dass das Gericht zu dem Honorar*ärztinnen-Urteil noch einmal betont hat: „Die Honorarhöhe ist nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien.“ Auch dies ist rechtlich kein Neuland, die neuerliche Erwähnung der Honorarhöhe in einem zwei Jahre alten BSG-Urteil jedoch wurde und wird seitdem von wirtschaftnahen Verbänden immer wieder offensichtlich vorsätzlich missverständlich kommuniziert. (Siehe dazu auch unsere Klarstellung im ‚Ratgeber Selbstständige‘.) – Ob die Anmerkung zu den Honoraren auch im Text des heutigen Urteils steht, bleibt abzuwarten. Es ist jedoch wahrscheinlich, da scheinselbstständige Pfleger*innen inzwischen  ebenfalls oft weit höher vergütet werden als angestellte Kolleg*innen.