(Wo) gibt es brauchbare Musterverträge?

Nur wenige Aufträge sind so standardisiert, dass man dafür einen Mustervertrag verwenden sollte. Auch wenn das Internet überquillt von solchen Vertragsmustern: Bevor man sich irgendein Formular herunterlädt, dessen Vertrauenswürdigkeit man nicht beurteilen kann, und dann an Formulierungen herumdoktort, die man kaum versteht, ist es immer besser, einen Vertrag selber zu formulieren. Und keine Angst, man könnte da Bestimmungen für irgendwelche Sonderfälle vergessen: Für alles, was im Vertrag nicht geregelt ist, gilt das Bürgerliche Gesetzbuch. Und das geht mit Auftragnehmern in diesem Bereich in der Regel sehr freundlich um.

Der Regelfall ist allerdings, dass der Auftraggeber bereits genaue Vorstellungen davon hat, welche Konditionen für den Auftrag gelten und wie der Vertrag aussehen soll. Und von ihrem eigenen Muster weichen Auftraggeber ungern komplett ab. Erst recht, wenn es sich um eine große Firma handelt, die mit Mustern aus der eigenen Rechtsabteilung operiert. Der Mitarbeiter, der den Auftrag erteilt, kennt den Vertrag meist selbst nicht im Detail und hat kein Recht, den durch einen anderen Vertrag zu ersetzen. Das heißt: Maximal wird es möglich sein, im vorgelegten Vertrag Änderungen durchzusetzen und nur jene Kunden, die selbst kein Vertragsmuster haben, freuen sich, wenn jemand einen eigenen Entwurf präsentiert. Manche erwarten das sogar.

Mit einigen Vertragsmustern, die im Internet kursieren, haben wir im Rahmen der Beratung schon richtig schlechte Erfahrungen gemacht. Insbesondere bringen Standard-Formulierungen, die von auftraggebernahen Institutionen und Anwälten verfasst werden, oft zusätzliche Probleme in einen Geschäftsbetrieb. Daher ist es besser, individuelle Dienste und Werke auch individuell zu vereinbaren. Dabei kommt es weniger auf geschliffene juristische Formulierungen an, sondern darauf, dass ein Gericht im Streitfall eindeutig erkennen kann, was eigentlich vereinbart wurde. Die gängigsten Probleme mit Musterverträgen sind:

  • Der Auftraggeber hat eigene Verträge und akzeptiert keine "Gegenmuster" oder Abweichungen.
  • Selbstständige verwenden Muster, die sie nicht verstehen und vereinbaren dann Dinge, die sie nicht wollen.
  • Die Muster passen nur halb und regeln zuviel oder zuwenig zum konkreten Auftrag.

Da ist es im Zweifel besser, keinen Vertrag zu unterschreiben. Manchmal ist es eben besser, wenn keine Zusammenarbeit zustande kommt oder für die dann nur die gesetzlichen Grundregeln zum Dienst- oder Werkvertrag gelten. Gegen das Dilemma, dass nicht nach jeder Geschäftsanbahnung am Ende ein für beide Seiten akzeptabler gemeinsamer Vertragswille entsteht, helfen keine brillanten Formulierungen, die irgendwo im Netz rumschwirren.

Einen Mustervertrag zu suchen, macht nur Sinn, wenn beide Seiten wirklich keine Ahnung haben, ob und wie sie bestimmte Regeln formulieren sollen und dafür Anregungen brauchen. Haben beide Seiten keine Vorstellung was zu regeln ist oder keine Lust einen kompletten Vertrag zu stricken, kann es sich lohnen, Anregungen aus fremden Verträgen zu übernehmen. Keinesfalls sollte ein kompletter Mustervertrag ohne intensive Prüfung übernommen werden.

In der Praxis wissen Auftraggeber in der Regel genau, was sie zu welchen Bedingungen haben wollen und Selbstständige was sie zu welchen Bedingungen leisten können. Insbesondere Auftraggeber haben deshalb in der Regel ohnehin ihre Standardverträge, von denen sie ungern abweichen. Da reicht es nicht, elegante (Gegen-)Klauseln zu finden, die eigentliche Aufgabe ist es, sie auch durchzusetzen und eine Einigung zu finden. – Das Verhandeln klappt fast immer, wenn es auf Augenhöhe stattfindet. Das ist ohnehin Voraussetzung, um ungünstige Klauseln aus Auftraggeber-Vorlagen zu streichen oder ein paar günstige Regeln einzubauen. 

In unseren Beratungen – wo natürlich eher Problemfälle landen – kristallisieren sich oft zwei unangenehme Wahrheiten heraus: Wer Musterverträge verwenden will, hat oft Schwierigkeiten, die eigene Position durchzusetzen und hofft auf die Überzeugungskraft eines vorgefertigten Vertrags. Letztlich aber geht es bei denen ja nicht nur um Rechtssicherheit, sondern allzuoft um Machtfragen. Ohne ein Monopol auf bestimmte Dienstleistungen oder Produkte, ist es eben schwerer, Auftraggeber zu überzeugen, unfaire Bedingungen durch akzeptable zu ersetzen. Hier geraten die Ideologie vom 'Schmied des eigenen Glücks', die Erzählungen von individueller Leistung, Unternehmergeist und Freiheit an ihre Grenzen. Da hilft es eher, selbstbewusste Kolleginnen und Kollegen zu kennen als gute Vertragsmuster. Solidarische Selbstständige, die nicht jeden Unsinn akzeptieren und im Idealfall zu gemeinsamen Absprachen bereit sind und gemeinsam bessere Bedingungen durchsetzen.

Verhandlungsmacht entsteht auch dadurch, sich selbst oder gemeinsam zu klären, was ein konkreter Auftrag eigentlich (mindestens) bringen soll und was dafür vereinbart werden muss. Sich also klar zu machen, worum es bei Verträgen geht. Grundfragen dazu, ob bestimmte vertragliche Regelungen sinnvoll sind und was unverständliche Klauseln meinen, können wir auch in unserer Beratung persönlich klären – allerdings ausschließlich mit ver.di-Mitgliedern.

Wer das alles beherzigt, kann zur Anregung beispielsweise in dieses IHK-Muster für einen generellen Dienstvertrag oder in das IHK-Muster eines Beratungsvertrags  schauen. Beide berücksichtigen natürlich stärker Auftraggeberthemen und -positionen, zeigen damit aber auf, was zu regeln und womit bei Auftraggeber-Verträgen zu rechnen ist. Mit entsprechenden Online-Tools – zum Beispiel von SmartLaw, die auch ein kostenloses Muster bieten – können eigene Basisverträge individuell (und kostenpflichtig) gebastelt werden. Aber es bleibt dabei: Wer Muster ohne kritische und fachkundige Prüfung übernimmt, riskiert Vertragsbrüche, Kosten und Ärger.


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