Kunst und Kultur
Eine künstlerische Tätigkeit liegt nach Auffassung der Behörden immer vor bei freier Kunst, die keinem Gebrauchszweck dient – zumal wenn sie Abnehmer in größerer Zahl findet. Unter diese Definition fallen
- alle bildenden Künstlerinnen und Künstler,
- Schauspieler, Regisseurinnen, Pantomimen und Balletttänzerinnen,
- Komponistinnen und Arrangeure unabhängig von der "Gestaltungshöhe" ihrer Musik,
- ausübende Musiker, Dirigentinnen und Konzertmeister, sofern sie "einen bestimmten Qualitätsstandard nicht unterschreiten" (was im Zweifelsfall jedoch das Finanzamt nachzuweisen hat).
Finanzämter und die Künstlersozialkasse (KSK) wenden im Showbereich unterschiedliche Maßstäbe an: Für die KSK sind Artistinnen und Unterhaltungsmusiker künstlerisch tätig – für das Finanzamt in der Regel nur, wenn bei ihren Auftritten eine künstlerische oder eigenschöpferische Darbietung im Vordergrund steht. Allerdings richtet sich die KSK selbstverständlich auch nach dem Abgrenzungskatalog der Sozialversicherungsträger und schaut bei Tätigkeiten für Theater und Bühnen genauer hin. Demnach sind Künstlerinnen, die für eine Spielzeit (oder einen Teil davon) engagiert werden, "in den Theaterbetrieb eingegliedert und damit abhängig beschäftigt". Eine Selbstständigkeit kommt in diesem Bereich nur in Betracht wenn Solistinnen "aufgrund hervorragender künstlerischer Stellung" maßgeblich zum Erfolg einer Aufführung beizutragen versprechen und zudem im Rahmen von Gastspielverträgen "nur wenige Vorstellungen vereinbart sind". In diesen Fällen ist eine Selbstständigkeit laut KSK-Informationsschrift 9 zum Abgrenzungskatalog (Stand Ende 2022) ausnahmsweise anzunehmen bei Schauspielern, Solo-Sängerinnen, Solo-Tänzern und Instrumentalsolistinnen.
Entsprechend hat beispielsweise das Bundessozialgericht im März 2018 entschieden (Az. B 12 KR 3/17 R), dass Bühnenkünstler selbstständig sind, "wenn sich die Tätigkeit im Wesentlichen im Bühnenauftritt erschöpft" und ihnen nur Rahmenvorgaben zum Auftritt gemacht werden. In diesem Fall, in dem ein selbstständiger Sänger zweimal zur Vertretung eingesprungen ist, wurde das Fehlen eines Weisungsrechts sowie der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Theaters "dadurch erhärtet, dass der Kläger nicht verpflichtet war, an Chorproben teilzunehmen, sondern sich eigenverantwortlich auf den Bühnenauftritt vorbereiten konnte".
Models, Eiskunstläuferinnen und Turniertänzer sind für die Finanzämter durchgängig gewerblich tätig, während sie die KSK ausnahmsweise aufnimmt, wenn sie durchgängig im Showbereich (also nicht bei Sport- bzw. Verkaufsveranstaltungen) arbeiten. Das Bundessozialgericht ordnete 1995 sogar Dessous-Vorführungen in Diskotheken der "Unterhaltungskunst" zu, womit die selbstständigen Models über die KSK zu versichern waren (BSG-Urteil AZ: 3 RK 24/94).
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