Nicht steuerbare Umsätze
Umsatzsteuer wird fällig auf alle Entgelte für Lieferungen und ”sonstige Leistungen”, die in Deutschland ausgeführt werden. Aus dieser Formulierung ergeben sich zwei Arten von Einnahmen, auf die keine Umsatzsteuer erhoben wird. Trotzdem unterliegen diese Einnahmen der Einkommensteuer, wenn es Betriebseinnahmen sind. Die Geldflüsse, die umsatzsteuerlich als ”nicht steuerbar" definiert werden, sind:
- Zahlungen, die geleistet werden (müssen), ohne dass eine Lieferung oder Leistung vereinbart wurde. In solchen Fällen liegt kein Leistungsaustausch vor und es kann keine Umsatzsteuer erhoben werden. Solche Umsätze gehören auch nicht in die Umsatzsteuererklärung. Das gilt beispielsweise für:
- Echte Zuschüsse wie die Corona-Beihilfen von Bund oder Land, Agrarsubventionen und Ausbildungsstipendien, die keine Gegenleistung voraussetzen.
- Gesetzlich vorgeschriebene Zuschüsse zur Krankenversicherung, die z.B. öffentlich-rechtliche Sender an unständig Beschäftigte zahlen. (Die dort gezahlten Zuschüsse zur privaten Altersvorsorge, die auf Grundlage eines Vertrages mit den Gewerkschaften fällig sind, unterliegen hingegen der Umsatzsteuer.)
- Kulturpreise, bei denen der Beitrag nicht eigens für die Teilnahme am Wettbewerb angefertigt wurde.
- Echter Schadensersatz, z.B. für beschädigtes Equipment, Konventionalstrafen, Verzugszinsen oder die unerlaubte Nutzung geschützter Werke. Das betrifft aber nur den Schadensersatz an sich, der gegebenenfalls gerichtlich durchgesetzt wird.
- Seit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs Anfang 2019 (Rs C-37/16) gelten auch die Tantiemen, die Verwertungsgesellschaften auf gesetzlicher Basis ausschütten – etwa für Privatkopien –, als nicht steuerbarer Umsatz.
- Zahlungen für Lieferungen ins Ausland sowie für sonstige Leistungen, die im Ausland erbracht werden. (Die Definition des ”Ortes der sonstigen Leistungen” ist dabei eine sehr verzwickte Angelegenheit; wir erläutern sie in einem gesonderten Text.)
Im Umsatzsteuerrecht gibt es viele Bestimmungen, die frühestes auf den zweiten Blick verständlich (und oft erst durch höchstrichterliche Urteile geklärt) werden. An dieser Stelle ist hierzu der unechte Schadensersatz zu nennen. – Manches was in Verträgen als Zahlung im Schadensfall definiert wird, ist umsatzsteuerrechtlich ein Leistungsaustausch und der Besteuerung unterworfen. "Unecht" ist ein Schadenersatz beispielsweise, wenn jemand "auf eine ihm ... zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet". So begründet wertete der Bundesfinanzhof (BFH) in 2014 eine Vergleichszahlung an einen IT-Selbstständigen als "sonstige Leistung", nachdem sein Kunde wegen der vorzeitigen Vertragsauflösung eine Entschädigung zahlte. (Az. V R 22/13).
Genauso verhält es sich, wenn ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch per Abmahnung durchgesetzt wird und ebenfalls – so der BFH in einem Urteil vom 13.2.2019 (Az. XI R 1/17) –, wenn bei einer Urheberrechtsverletzung ein Unterlassungsanspruch per Abmahnung durchgesetzt wird. Auch das ist umsatzsteuerrechtlich kein Schadenersatz, sondern eine sonstige Leistung.
Dazu hat das Finanzministerium am 1.10.21 ein Rundschreiben (Gz. III C 2 - S 7100/19/10001 :006) verfasst, in dem das Thema urheberrechtlicher Schadenersatz in verschiedenen Aspekten präzisiert wird. Es legt unter anderem fest, dass die Leistungsgebühr des Abmahnenden ein voll umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch ist, der geltend gemachte Schadensersatz jedoch sei "als echter Schadensersatz nicht umsatzsteuerbar". Im Umsatzsteuer-Anwendungserlass wurde im Abschnitt 1.3 (Schadenersatz) ein entsprechender Absatz 16a eingefügt.
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