Wenn es mehrere Urheber gibt
Urheber können nur natürliche Personen sein. Wo eine Theatergruppe ihre Stücke gemeinsam schreibt, ein ganzes Netzwerk von Freiberuflern ein Online-Game entwickelt oder eine Band gemeinsam komponiert, gelten alle Beteiligten gemeinsam als Urheber. Nicht "die Band", sondern alle einzelnen Miturheberinnen müssen also die Stücke und Aufnahmen bei der GEMA und der GVL anmelden, damit keine Tantiemen verloren gehen.
Damit es da keine Probleme gibt, ist es wichtig, formlos oder im Gesellschaftsvertrag festzuhalten, wer welchen Anteil am Schaffensprozess hat – und zwar mit genauen Prozentzahlen, nach denen dann später (und auch noch nach Auflösung der Gruppe) die Honorare und Tantiemen verteilt werden können.
Problematisch kann eine gemeinsame Urheberschaft vor allem dann werden, wenn eine Gruppe sich zerstritten hat und die Mitglieder nicht mehr miteinander reden. Kommt in dieser Situation ein anderes Theater und will die Aufführungsrechte für das gemeinsam entwickelte Stück erwerben, dann reicht es, wenn ein Mitglied sich stur stellt und Nein sagt: Das Aufführungsrecht (und das entsprechende Honorar) ist erst mal blockiert. Für Filme enthält das Urheberrecht aus diesem Grund eine Sonderregelung: Hier gehen – sofern nicht anders vereinbart – alle Nutzungsrechte an den Produzenten.
Im Musikbereich kann das nicht passieren, wenn das Aufführungsrecht – wie üblich – der GEMA übertragen wurde. Analog dazu können freie Theater das Aufführungsrecht einem Verlag übertragen. Dann entscheidet dieser über die Erlaubnis zu weiteren Aufführungen, und das Stück kann nicht durch einen einzigen Quertreiber blockiert werden. Freilich: Umsonst tut der Verlag das nicht. Dafür erschließt er aber auch neue Honorarquellen, wenn er gut ist.
Anders liegen die Verhältnisse, wenn mit Hilfe eines urheberrechtlich geschützten Werkes ein neues geschaffen wird. Das ist z.B. der Fall bei Übersetzungen literarischer Werke oder bei der Bearbeitung von Musikstücken. Hierzu ist zunächst die Erlaubnis der Ursprungsautorin erforderlich. Ist sie erteilt, dann gelten für die deutsche Version eines englischen Romans sowohl die Autorin als auch der Übersetzer als Urheberinnen – und sind dementsprechend beide am Honorar und an den Tantiemen der VG Wort beteiligt (an Letzteren zu jeweils 50 Prozent). Die GEMA verlangt dafür vom Bearbeiter allerdings den Nachweis, dass eine Genehmigung der Komponistin des Originalwerkes vorliegt. Sonst zahlt sie seine Tantiemen nicht aus.
Mehrere Urheber gibt es auch bei Fotografien von Kunstwerken. Hier braucht der Verlag, der solche Fotos z.B. in einem Kunstkalender abdrucken will, neben der Erlaubnis der Fotografin immer auch die des Künstlers, der das Werk geschaffen hat. Letztere bekommt er in der Regel von der VG Bild-Kunst, die dafür eine Vergütung nach ihren Reproduktionstarifen verlangt. Eine Ausnahme von dieser Regel gilt nur, wenn sich das Originalwerk "bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen" befindet oder im Rahmen aktueller Berichterstattung gezeigt wird.
Wann ist ein detaillierter Vertrag wichtig?
Je mehr Miturheber an einem Werk beteiligt sind, je länger die Vertrags- und Nutzungsdauer währt und je mehr Geld im Spiel ist, desto sinnvoller ist es Konflikte zu regeln, bevor sie entstehen. Auch im Hinblick darauf, dass Nutzungsrechte bis 70 Jahre nach dem Tod der letzten Miturheberin gelten und ohne abweichende Regelung das Urheberrecht (in § 8 und § 9 UrhG) allen Beteiligten gleiche Anteile zuspricht und vor allem auch einstimmige Entscheidungen für die Nutzung verlangt. – Das kann (Ausnahme Filme mit der starken Sonderstellung der Filmproduktion) die Verwertung gemeinsamer Werke stark behindern. Besser ist es da, vorher einen fairen Interessenausgleich zu vereinbaren. Ein Miturhebervertrag sollte enthalten:
- Die Beschreibung des gemeinsamen Werks und wenn es aus mehreren einzelnen Teilen besteht unter Umständen auch die Beschreibung der einzelnen Beiträge. Ist das Werk noch nicht fertig oder sollen Änderungen vorgenommen werden, ist es sinnvoll auch gleich noch zu regeln, wer da entscheiden darf.
- Die Beschreibung der Anteile am Urheberrecht. Fehlt eine alternative Aufteilung haben alle Beteiligten Urheberinnen gleiche Anteile.
- Wie die Gewinnverteilung (oder auch die Nachschusspflicht) aussieht – sowie, wenn nötig, eine Klärung der Haftung – gehört selbstverständlich zu den Kernpunkten in einen Vertrag über gemeinsame Werke. Hier wird normalerweise nach den Anteilen aufgeteilt.
- Die Entscheidungsbefugnisse, wenn nicht immer die Einstimmigkeit gelten soll. Geregelt werden kann beispielsweise, wo Mehrheitsentscheidungen ausreichen um Nutzungsverträge abzuschließen oder auch Bearbeitungen vorzunehmen. Solche Rechte können auch einzelnen Miturhebern alleine zustehen, wenn das so geregelt wird.
- Auch der Streitfall kann ein Stück weit schon geregelt werden, bevor er eintritt. Etwa das Vorgehen, wenn einer der Miturheber gegen den Vertrag verstößt oder wie in solchen Fällen eine Mediation aussehen soll.
- Wenn die Mitwirkung Einzelner nötig ist, kann auch die als Pflicht in den Vertrag geschrieben werden und auch, was geschieht, wenn die nicht erfolgt.
- Die Namensnennung kann ebenfalls im Vertrag geregelt werden. Beispielsweise wenn es wichtig scheint, dass jemand zuerst genannt wird. Üblich ist natürlich die alphabetische Nennung.
- Nutzungsrechte sind der wahrscheinlich wichtigste Teil bei einem Werk. Die können ebenfalls gemeinsam, durch Mehrheit oder durch Einzelne vergeben werden. Hier ist eine klare Regelung wichtig, sonst zwingt die gesetzliche Regelung zur Einstimmigkeit. Dabei kann auch vorab geregelt werden, ob (bestimmte) Rechte an Dritte ausschließlich vergeben werden sollen oder die einfache Nutzung vorgesehen ist. Und natürlich sind Kombinationen möglich. Etwa: Über ausschließliche Rechte müssen die Miturheber einstimmig entscheiden, bei einfachen Rechten reicht die einfache Mehrheit oder auch die Entscheidung Einzelner. Festgelegt werden kann auch, ob in in welchem Umfang Einzelne ähnliche Werke schaffen oder sich am vorhandenen Werk zu welchen Bedingungen bedienen können.
- Wenn die Zusammenarbeit beziehungsweise die gemeinsame Verwertung nach einer definierten Zeit enden soll, muss die Vertragslaufzeit geregelt werden und auch, wie die (anteilige) Verwertung des Werks für die Folgezeit aussehen soll. Beispielsweise kann eine Miturheberin nach 20 Jahren die Verwertung alleine übernehmen und muss einen gewissen Prozentsatz der Gewinne an die Übrigen Urheber ausschütten.
- Sinnvoll ist auch eine Regelung für den Fall dass Einzelne aus der Urheber-Gemeinschaft austreten oder sterben. Wie sollen dann die Rechte und Pflichten der übrigen Miturheber aussehen? Entsprechende Nachfolgeregelungen oder auch ein Anteilsausgleich sind sinnvoll, da Urheber- und Nutzungsrechte in Deutschland erst 70 Jahre nach dem Tod der letzten Miturheberin erlöschen. Ohne abweichende Regel geht das Urheberrecht (als Nachlass der Verstorbenen) nach den allgemeinen Regeln des Erbrechts an die Erben über. Die treten dann auch in die laufenden Verträge ein. – Im Vertrag kann daher beispielsweise geregelt werden, dass Erben zwar an den Gewinnen zu beteiligen sind, jedoch Entscheidungen zum gemeinsamen Projekt allein die verbleibenden Urheber treffen dürfen.