Wie funktioniert(e) die Vorsteuerpauschale?
Für die Veranlagungen bis einschließlich dem Steuerjahr 2022 konnten einige Berufe eine sehr einfache Umsatzsteuererklärung machen. Die Option wurde aber zum 1.1.2023 abgeschafft. Die entsprechende Änderung durch das Jahressteuergesetz 2022 begründete der Gesetzgeber mit der der geringen Bedeutung für die Praxis. Für Betroffene bedeutet das eine weitere Bürokratisierung ihrer Buchhaltung.
Letztmalig für das Jahr 2022 erlauben es also die – inzwischen gestrichenen – §§ 69 und 70 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (auf der Grundlage von §23 UstG) einer Reihe von Selbstständigen, ihre Vorsteuer "nach Durchschnittssätzen" zu berechnen. Sie dürfen bzw. durften ihre Vorsteuer – ohne einen einzigen Beleg anfassen zu müssen – einfach mit einem festgelegten Prozentsatz von ihrem (Netto-)Umsatz berechnen: Vorsteuer = Nettoumsatz x Durchschnittssatz.
Das Ergebnis wurde einfach in das Feld 63 bzw. Zeile 59 der Umsatzsteuervoranmeldung und bei der Jahres-Umsatzsteuererklärung in das Feld 333 bzw. Zeile 127 eingetragen und fertig war die Erklärung. – Erlaubt war diese einfache Methode allen Berufen, die in der entsprechenden Anlage zur Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UstDV) genannt waren. Unter anderem zählte diese zahlreiche Handwerke, Handelsberufe, Einzelhandelsbranchen, Medien- und Kulturschaffende sowie Hochschullehrerinnen auf.
Für alle anderen Berufe, die nicht konkret genannt waren, war die pauschale Abrechnung bereits vor 2023 nicht möglich. Die Durchschnittssätze betrugen (und betragen für die Steuerjahre bis einschließlich 2022) beispielsweise für
- Bühnen- und Rundfunkmitarbeiter 3,6%,
- Grafikerinnen (nur künstlerische – keine Grafikdesignerinnen) 5,2%,
- Hochschullehrer (für nebenberuflich selbstständige Tätigkeit) 2,9%,
- Journalistinnen (Wort und Bild) 4,8%,
- Schriftsteller 2,6%,
- Steinmetzerei 8,4%.
Wer mehrere Berufe hat, konnte für jeden einzelnen in den Anlagen zur UstDV aufgeführten Berufe die jeweils genannte Pauschale anwenden. Ebenso ist es möglich, nur bei einem Beruf zu pauschalieren und bei der anderen Tätigkeit die Vorsteuer durch Einzelnachweise zu berechnen.
Voraussetzung für die Anwendung der Pauschale war, dass der Umsatz im jeweiligen Beruf im letzten Jahr nicht über 61.356 € lag. Der maßgebliche Umsatz umfasst alle Betriebseinnahmen
- ohne Umsatzsteuer,
- abzüglich umsatzsteuerfreie Honorare aus Lehrtätigkeit,
- abzüglich nicht steuerbare Umsätze aus dem Verkauf von Nutzungsrechten ins Ausland.
Wer höhere Umsätze in einem anderen Beruf hatte, also in einem, der nicht pauschalisiert werden durfte, konnte den Pauschalsatz auf die Umsätze in den privilegierten Berufen trotzdem anwenden. – Solange der Gesamtumsatz aller selbstständigen Tätigkeiten unter 61.356 € lag, war der Pauschalsatz selbst auf berufsfremde Umsätze anwendbar, solange "fremde" Umsätze nicht mehr als ein Viertel des Gesamtumsatzes ausmachten. Im Einzelhandel galt sogar eine 50-Prozent-Grenze.
Sparte Arbeit und erhöht meist den Gewinn
Die pauschale Berechnung der Vorsteuer abzuschaffen streicht nicht nur eine Vereinfachung, sondern kostet oft auch echtes Geld, weil die Pauschale in vielen Fällen höher lag als die tatsächlich bezahlte Vorsteuer – was unter dem Strich zu einer Gewinnerhöhung an der richtigen Stelle führte: Von der Regelung profitierten eben insbesondere Selbstständige mit geringen Umsätzen und Gewinnen. Dieser Vorteil war rechtens und durfte auch dann nicht zur Verweigerung der Vorsteuerpauschale führen, wenn überhaupt keine Vorsteuer angefallen war.
Dass die pauschale Abrechnung ungünstiger war als die Einzelabrechnung, passierte eigentlich nur bei Leuten, die in den ersten Berufsjahren sehr hohe Investitionen in ihr Equipment tätigen. Das war aber am Jahresende einfach auszurechnen – um die Berechnungsmethode dann notfalls noch zu ändern.