Gesellschaftsformen und -verträge
Bei der Wahl der Rechtsform eines gemeinsamen Unternehmens geht es in erster Linie um die Rechte und Pflichten gegenüber den Kunden und dem Staat. Ob Synergien entstehen und die Einzelnen durch einen Zusammenschluss persönlich einfacher, erfolgreicher und befriedigender arbeiten können, hängt davon ab, mit welchem Anspruch ein gemeinsames Unternehmen gegründet wird und wie die Selbstständigen ihr Binnenverhältnis ausgestalten.
Die rechtliche Form einer gemeinsamen Unternehmung ist nicht banal, weil sie beispielsweise darüber bestimmt, wie es mit der Haftung aussieht, sie sagt aber noch nichts darüber aus, wie kollektiv oder mitbestimmt die Einzelnen im Binnenverhältnis zusammenarbeiten. Sich darüber genau zu verständigen und mögliche Streitfälle vorab klar zu regeln, ist mindestens so wichtig wie die Frage welcher wirtschaftliche Vorteil eigentlich von der Zusammenarbeit erwartet wird. Klar wird es einfacher, wenn die eigenen Werke und Leistungen nicht alleine vermarktet werden müssen und über gegenseitige Hilfe, Vertretung und Absprachen die Beziehung zu Kunden verlässlicher, auf breiterer Basis (und in der Regel auch besser bezahlt) gestaltet werden. Darüber ob und wie das klappt, entscheidet aber nicht die Rechtsform, sondern die Bereitschaft der Menschen, tatsächlich gemeinsam zu wirtschaften und im Zweifel für die gemeinsame Sache auch eigene Interessen zurückzustellen. – Ein gemeinsames Unternehmen ist ein bisschen wie eine Beziehung, in der die Beteiligten für ihr Projekt auch kompromissfähig sein müssen. Egal ob sie das geschäftliche Zusammenleben als GmbH & Co OHG, als Genossenschaft, als BGB-Gesellschaft oder sonstwie organisieren.
Bei der Frage, welchen rechtlichen Rahmen eine Zusammenarbeit haben soll, dürfte es für die meisten Solo-Selbstständigen keine große Diskussion geben: Was über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) hinausgeht, ist in der Regel viel zu aufwändig.
Die GbR ist das, wie sich der gesunde Menschenverstand eine Zusammenarbeit vorstellt: eine Verabredung unter gleichberechtigten Selbstständigen
- ohne großen Gründungsaufwand und ohne Gründungskosten,
- ohne erzwungenen bürokratischen Apparat,
- ohne formalen Aufwand wie Veröffentlichungspflichten, Mitgliederversammlungen oder Registereinträge,
- ohne von außen (gesetzlich) festgelegte Regeln,
- ohne neue Pflichten wie Gewerbesteuer- oder Buchführungspflicht (sofern sie nicht für die einzelnen Gesellschafter ohnehin schon bestanden).
Dass die Mitglieder einer GbR für deren Geschäfte alle mit ihrem vollen Privatvermögen haften, unterscheidet sie ebenfalls nicht von Einzelunternehmern. Auch dagegen ist also im Prinzip nichts einzuwenden.
Dennoch kann es im konkreten Fall Gründe geben, eine andere Gesellschaftsform wie eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, eine vollwertige GmbH, eine Partnerschaftsgesellschaft oder einen Verein in Erwägung zu ziehen. Wer zum Beispiel
- seine Haftung beschränken,
- unter einem reinen Fantasienamen operieren,
- steuerbegünstigte Spenden einnehmen oder
- den Eindruck einer "großen Firma" erwecken will,
kann das mit einer GbR kaum verwirklichen. Auch wenn das Geschäft eine bestimmte Größenordnung überschreitet, kann das Nachdenken über eine neue Gesellschaftsform durchaus sinnvoll sein.
Allerdings sind diese Vorteile in der Regel nicht umsonst zu haben: Gesellschaftsformen, die über die GbR hinausgehen, sind mit zusätzlichen Kosten, einem zusätzlichen Gründungs- und Verwaltungsaufwand und/oder dem Verlust eventueller Privilegien wie Gewerbesteuerfreiheit, Künstlersozialversicherung oder der Befreiung von der Buchführungspflicht verbunden. Welche Vor- und Nachteile das für die einzelnen Gesellschaftsformen sind, wird in den folgenden Texten erläutert.
Gänzlich abzuraten ist spätestens seit der Brexit-Entscheidung von der englischen Limited. Aber auch die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, die als deutsche Antwort auf die britische GmbH ohne große Kapitalanforderungen gestrickt wurde, hat nicht ganz gehalten, was der Arbeitstitel "Ein-Euro-GmbH" verspricht: Die "UG (haftungsbeschränkt)" ist im Kern nichts anderes als eine "GmbH im Aufbau", die in absehbarer Zeit auch zur vollwertigen GmbH werden muss. Allerdings sind die Gründungsformalitäten und das aufzubringende Kapital verglichen mit der vollwertigen GmbH moderat.
Unabhängig von der Wahl der Gesellschaftsform gilt, wie eingangs beschrieben, für jede Art der Zusammenarbeit: Sie wird umso besser funktionieren, je genauer sich die Partnerinnen und Partner vorher über die Modalitäten der Zusammenarbeit geeinigt haben. Das geht nur, wenn man sich auch die Zeit nimmt, mögliche Streitpunkte durchzuspielen, sich auf Vollmachten und für alle durchschaubare Abrechnungen zu einigen. Am wichtigsten ist, dass sich alle Beteiligten wirklich einig sind. Ob sie das, worauf sie sich geeinigt haben, danach formlos aufschreiben (was für eine GbR ausreicht) oder sie sich von einem Fachmenschen einen juristisch korrekten Vertrag stricken lassen (was für eine GmbH unverzichtbar ist), kommt auf die Art und den Umfang der Zusammenarbeit an.