Fahrtkosten als Betriebsausgabe
Natürlich gilt auch für Fahrtkosten, dass sie grundsätzlich nur dann Betriebsausgaben sind, wenn die Fahrt betrieblich veranlasst (und nicht privat veranlasst) war. Allerdings lässt das Gesetz auch für die (privat veranlassten) Wege von der Wohnung zur Arbeit den Betriebsausgabenabzug in beschränkter Höhe zu. Für die Antwort auf die Frage, welche Fahrtkosten in welcher Höhe abziehbar sind, unterscheidet das Steuerrecht zwei Arten von Bewegungen:
- Dienstfahrten sind alle Arten von Fahrten im Rahmen bzw. für Zwecke der Arbeit, also z.B. Fahrten zu auswärtigen Terminen, zu Kundenbesuchen oder zu Fortbildungsveranstaltungen. Solche Fahrten gelten rechtlich als betriebsbedingt; deshalb können ihre tatsächlichen Kosten immer in voller Höhe als Betriebsausgaben angesetzt werden. Wer für solche Fahrten seinen privaten Pkw benutzt, darf als Betriebsausgaben entweder den per Fahrtenbuch nachgewiesenen betrieblichen Anteil an den Gesamtkosten des Pkw ansetzen – oder die Kilometerpauschale von 30 Cent für jeden gefahrenen Kilometer. Die Details dazu stehen in einem eigenen Text.
- Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit gelten steuerlich dagegen als privat veranlasst. Für sie hat sich der Gesetzgeber eine besondere Regel einfallen lassen, nach der sie zumindest teilweise trotzdem als Betriebsausgaben anerkannt werden: die Entfernungspauschale. Das ist eine Pauschale von 30 Cent für jeden Kilometer der einfachen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeit, die an jedem Arbeitstag einmal als Betriebsausgaben angesetzt werden darf. Diese Pauschale ist nicht – wie es noch bis Ende 2000 der Fall war – an die Benutzung eines Pkw gebunden, sondern kann für jede Art der Fortbewegung geltend gemacht werden – also auch von Leuten, die zu Fuß zur Arbeit gehen oder mit dem Fahrrad fahren. Hierzu gibt es einige Detailregelungen, die in einem eigenen Text dargestellt werden.
Für die Unterscheidung von Fahrten im Zusammenhang mit dem Beruf hatte die Rechtsprechung im Laufe der Jahre das Werkstorprinzip entwickelt, das jedoch nur den Arbeitstag von Arbeitnehmern im Auge hatte: Alle Wege, die man zurücklegt, bevor man morgens bzw. nachdem man abends das Werkstor durchquert, sind Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit; alle Fahrten, die dazwischen vom Betrieb aus zu betrieblichen Zwecken unternommen werden, sind Dienstfahrten. Selbstständige aber arbeiten nun einmal nicht immer nur an ein und demselben Ort, sondern haben oft gar keinen regelmäßigen Arbeitsplatz, also auch kein "Werkstor". Und schon fingen die Finanzbehörden endlose Streitereien an, ob der Handwerker, der morgens vom Frühstückstisch direkt zu einer Baustelle fährt, dabei von der Wohnung zur Arbeit fährt oder eine Dienstfahrt unternimmt. (Und wenn er auf dem Weg kurz in seinem Betrieb aussteigt, welcher Teil der Fahrt ist dann was?)
Um solche Unklarheiten zu beseitigen, wurde Anfang 2014 der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte in das Einkommensteuergesetz aufgenommen. Das um diesen Begriff herum aufgebaut neue Regelwerk geht von der theoretischen Konstruktion aus, dass Erwerbstätige zu einem eine Wohnung haben, zum anderen eine oder mehrere Tätigkeitsstätten, von denen (höchstens) eine ihre regelmäßige oder zentrale Tätigkeitsstätte ist. Dieser Ort wird bei Selbstständigen erste Betriebsstätte genannt. (Und weil es gar nicht so einfach ist, herauszufinden, wo die liegt, gibt es einen Detailtext zum Thema.) Grob gesagt gilt für diesen besonderen Ort:
- Wer in seiner ersten Betriebsstätte ist, ist "auf der Arbeit";
- als Weg zwischen Wohnung und Arbeit, für den nur die (niedrigere) Entfernungspauschale akzeptiert wird, gilt nur der Weg von der Wohnung zur ersten Betriebsstätte (und zurück);
- alle anderen Wege im Rahmen der Arbeit, also die zu jeder anderen Tätigkeitsstätte – und zwar gleichgültig, ob von der Wohnung oder von der ersten Betriebsstätte aus (oder zurück) – sind Dienstfahrten und können mit ihren tatsächlichen Kosten (bzw. der höheren Kilometerpauschale) abgerechnet werden.
Und nicht vergessen: Wer länger als 8 Stunden außerhalb seiner ersten Betriebsstätte und seiner Wohnung beruflich tätig wird, kann für diese Auswärtstätigkeit nicht nur die vollen Fahrtkosten, sondern auch noch die Pauschale für Verpflegungsmehraufwand als Betriebsausgabe absetzen. Auch wenn er die Stadt, in sich seine Wohnung und seine erste Betriebsstätte befinden, dafür gar nicht zu verlassen brauchte.