Kündigung von Dienstverträgen
Befristete Dienstverträge
Diese Verträge enden automatisch mit dem Ende der vereinbarten Frist. So eine Befristung kann für einen bestimmten Zeitraum ("bis zum 31.12.2023"), für ein bestimmtes Arbeitsvolumen ("100 Arbeitsstunden") oder bis zum Abschluss einer bestimmten Arbeit (Projektvertrag, Lehrsemester, Veranstaltungsmoderation) vereinbart werden. Vorher sind diese Verträge unkündbar – es sei denn, es ist ausdrücklich vereinbart. Ist im Vertrag weder eine Kündigungsmöglichkeit noch eine Honorarkürzung unter bestimmten Umständen vereinbart, muss ein Auftraggeber das volle Honorar bis zum Ablauf der vereinbarten Frist zahlen, solange die Auftragnehmerin zur Leistung bereit und fähig ist. Das juristische Stichwort lautet hier "Annahmeverzug". Der ist generell in § 293 BGB und speziell in Sachen Vergütungspflicht bei Dienstverträgen in § 615 BGB geregelt. Allerdings ist die Zahlungspflicht des Auftraggebers nicht schrankenlos: Wer Ersatzaufträge für die Zeit findet, die der Kunde nicht in Anspruch nimmt, muss diese Zahlungen von der Forderung abziehen und darf es auch nicht böswillig unterlassen, sich um eine "anderweitige Verwendung seiner Dienste", also um Ersatzaufträge, zu bemühen.
Sowohl das Wirtschaftsrisiko (wenn der Auftraggeber keine Verwendung mehr für die gebuchte Dienstleistung hat) als auch das Betriebsrisiko (wenn der Auftraggeber die Leistung aufgrund einer Störung nicht annehmen kann) trägt allein der Auftraggeber bzw. der "Dienstberechtigte". Das gilt auch, wenn der Auftraggeber nichts dafür kann, dass er die Leistung nicht annimmt, weil sein Betrieb gestört ist, etwa durch einen Wasserrohrbruch oder die Absage einer Messe, für die er seinerseits Personal gebucht hat - solange der Vertrag für solche Fälle keine Kündigung oder Kürzung der Vergütung vorsieht.
Der Normalfall (jenseits einer höheren Gewalt) ist: Ein befristeter Dienstvertrag kann nicht einfach einseitig gekündigt werden, nur weil sich für den Auftraggeber ein Vertragsumstand geändert hat. Dafür muss im Vertrag (oder AGB) eine Regelung vereinbart sein. Beispielsweise behalten sich deshalb viele Bildungseinrichtungen vertraglich das Recht vor, ein Seminar kurzfristig und ohne Honoraranspruch abzusagen, wenn sich nicht genügend Teilnehmer anmelden. Das geht, wenn die Dozentin einen solchen Vertrag unterschrieben hat. Ebenso gibt es Verträge, die ausdrücklich eine Vergütung nur "für gehaltene Stunden" vorsehen. Fällt der Unterricht (aus welchem Grund auch immer) aus, entfällt damit auch der Vergütungsanspruch.
Steht im Vertrag dagegen zum Ausfall oder der Vertragskündigung gar nichts (oder gibt es zwar eine verbindliche Buchung aber keinen Vertrag, der die Details des Auftrags regelt), ist prinzipiell das volle Honorar fällig. Selbst wenn der Kurs schon einen Monat vorher abgesagt wird. Ein "Ausfallhonorar" kennt das deutsche Recht nicht und daher können Auftragnehmer in einem solchen Fall selbst entscheiden, wie kulant sie sein wollen. Es ist also nicht immer besser, einen ausführlichen Vertrag zu haben: Das Bürgerliche Gesetzbuch geht manchmal ziemlich freundlich mit Selbstständigen um.
Natürlich ist das "Recht haben" nicht immer alles. Es kann im Einzelfall Sinn machen, auf den vollen Vergütungsanspruch zu verzichten. Etwa, wenn als Kompensation des Ausfalls ein länger laufender Vertrag oder adäquate Folgeaufträge rausspringen. Oder auch – wenn es die eigene Situation erlaubt – um klammen Kunden einen Zahlungsaufschub zu gewähren.
Etwas anders sieht es aus, wenn höhere Gewalt im Spiel ist. Ein Thema, dass bis 2020 kaum eine Rolle gespielt hatte, bis der Fall einer Pandemie mit behördlichen Anordnungen den Geschäftsbetrieb zu schließen, ein Stück weit als juristisches Neuland hinzukam: Auch hier kommt es erst einmal und vor allem darauf an, ob dazu etwas im Vertrag steht. Zum Beispiel eine Klausel zur höheren Gewalt. Ist das nicht der Fall, liegt das Risiko weiterhin prinzipiell auf Seiten des Auftraggebers. Ganz anders kann das aussehen, wenn es einer oder beiden Seiten unmöglich ist, ihre vertraglichen Zusagen zu erfüllen. Wenn also beispielsweise die höhere Gewalt in Form einer behördlichen Verfügung daherkommt, sind beide Seiten von der Leistungspflicht befreit. Da es leidlich unklar bleibt, wie die Lage im Einzelfall zu beurteilen ist, haben wir zu diesem Thema einen eigenen Text "Unmöglichkeit der Leistung - höhere Gewalt" erstellt, der sich diesen Fragen zumindest annähert.
Zu klären ist in solchen Fällen wie der Frühphase einer Pandemie beispielsweise, ob in welchem Umfang es erlaubt oder geboten ist, langfristige Schäden aufeinander abzuwälzen. Beispielsweise bei der Frage, ob Auftraggeber die andauernden Folgen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) alleine tragen müssen. Generell stellen Gerichte hier sehr hohe Ansprüche an das Argument das Festhalten am Vertrag sei unzumutbar. Den Vertrag dann zu ändern, erlaubt das BGB zwar (ebenso wie bei der Unmöglichkeit eine Leistung zu erbringen im § 275 BGB) grundsätzlich, damit ist für Fälle wie die Corona-Epidemie aber trotzdem noch im Nachhinein zu klären, ob und in welchem Umfang der dadurch entstehende Schaden verteilt werden darf.
Unbefristete Dienstverträge
Solche Verträge können (wenn sie kein Arbeitsvertrag sind) laut § 621 BGB je nach vereinbarter Vergütung unterschiedlich gekündigt werden:
- bei einer Bezahlung nach Tagen zum Ende des folgenden Tages,
- bei einer Bezahlung nach Wochen spätestens am Montag zum folgenden Wochenende,
- bei einer Bezahlung nach Monaten spätestens am 15. zum Monatsende.
Angesichts dieser lächerlichen Fristen ist es besser in unbefristeten Dienstverträgen auch vernünftige Kündigungsfristen zu vereinbaren. Etwa die längeren Fristen, die nach § 622 BGB für abhängig Beschäftigte gelten. Dass diese längeren Fristen auch nicht für die wirtschaftlich abhängigen Arbeitnehmerähnlichen gelten, hat das Bundesarbeitsgericht in 2007 ausdrücklich festgestellt: "Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts sind arbeitnehmerähnliche Personen mit Arbeitnehmern im Bereich des Rechts der Kündigungsfristen nicht gleichgestellt." (Az. 9 AZR 777/06). – Die zu vereinbarenden Fristen können und sollten je nach Auftrag auch lang sein. In Verträgen über Privatunterricht beispielsweise ist es durchaus üblich, eine Kündigung nur zum Jahres- oder Semesterende zuzulassen.
Dienstvertrag selbst kündigen
Wer selbst einen Dienstvertrag kündigen will, sollte beachten, dass an dessen Inhalt beide Seiten gebunden sind und daher bei einer "Pflichtverletzung" nach § 280 BGB Schadensersatz fällig werden kann. Grundsätzlich sind dabei die bereits erbrachten Leistungen zu vergüten – allerdings selbst das nicht, wenn der Auftraggeber mit der Teilleistung nichts anfangen kann. Ausgenommen von der Pflicht, einen einmal geschlossenen Vertrag auf Punkt und Komma zu erfüllen, ist beispielsweise, wer schwer erkrankt und deshalb den möglichen Schaden "nicht zu vertreten" hat.
Ohne einen unmittelbar einsichtigen Grund für die Verhinderung der Leistung wird es komplizierter: Dann müssen für die Stornierung oder die vorzeitige Kündigung eines Auftrags andere triftige Gründe vorliegen. Die müssen laut § 626 BGB so schwerwiegend sein, dass eine Fortsetzung des Vertrags "dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile (...) nicht zugemutet werden kann".
Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn Gefahr für die Gesundheit droht, aber immer auch, wenn der Auftraggeber zentrale Vereinbarungen nicht einhält. Wird beispielsweise bei einem unbefristeten Vertrag das Honorar nicht wie vereinbart gezahlt, darf innerhalb von zwei Wochen gekündigt werden. Und zwar nachdem "der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt". Die Kündigung selbst (die nicht schriftlich vorliegen muss, es aber sinnvollerweise tut) gilt ab ihrem Zugang beim Vertragspartner. Definitiv ausgeschlossen ist eine außerordentliche Kündigung wegen der Insolvenz des Auftraggebers, wenn sich der Insolvenzverwalter entscheidet, den Betrieb fortzuführen.
Bei jeder außerordentlichen Kündigung sollten Selbstständige genau prüfen, ob ihr Vertragspartner tatsächlich schwerwiegend gegen den Vertrag verstoßen hat: Ist die plötzliche Beendigung der Arbeit unberechtigt, werden sie selbst vertragsbrüchig. Wenn der Kunde nachweisen kann, dass dadurch Kosten entstehen, müssen diese durch den bzw. die Selbstständige ersetzt werden. Auch aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, unterschiedliche Kündigungsfristen für Auftraggeber und -nehmer zu vereinbaren, das geht in der Regel allerdings zu Lasten der Interessen der Selbstständigen.
Einen seltenen Sonderfall stellt die fristlose Kündigung bei Vertrauensstellung dar. Das sind Dienstverträge, bei denen sich Selbstständige zu Diensten "höherer Art" verpflichten, die "auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen". Liegt eine solche kann sie die Arbeit jederzeit fristlos einstellen. Allerdings sieht der § 627 BGB hier einen Schadensersatz gegenüber dem Auftraggeber vor, wenn kein "wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung" besteht. Dienstverträge, die beispielsweise "die besondere Fachkenntnis, Kunstfertigkeit oder wissenschaftliche Bildung voraussetzen oder die den persönlichen Lebensbereich betreffen" – so die ständige BGH-Rechtsprechung, hier aus dem Urteil IX ZR 11/18 vom 2.5.2019 – können von beiden Seiten fristlos gekündigt werden. Das betrifft insbesondere Verträge mit Ärztinnen, Anwälten etc. aber auch Verträge über Pflegeleistungen oder Partnerschaftsvermittlung.
Dass auch Verträge mit Agenturen, die etwa Künstlerinnen oder Models abschließen, eine "Kündigung bei Vertrauensstellung" rechtfertigen können, hat das OLG Celle in 2021 entschieden. (Siehe auch die Gerichts-Pressemitteilung zum Urteil vom 1.4.21, Az.: 13 U 10/20). In diesem Fall wurde zwar vertraglich vereinbart, dass eine Kündigung nach § 627 BGB ausgeschlossen sei, diese Klausel aber war im konkreten Fall unwirksam, weil sie die Selbstständige das Model unangemessen benachteiligte. Bei einer Kündigung in Vertrauensstellung kommt es also sehr auf den Einzelfall an, eben weil auch Verträge mit Agenturen weiterhin Kündigungsfristen enthalten dürfen und die Kündigung nach § 627 BGB ausgeschlossen werden kann. Im Fall, den das OLG Celle zu entscheiden hatte, waren die Kündigungsfristen jedoch ungültig, weil sie die Klägerin "durch die langen Laufzeiten unangemessen benachteiligte". Ein Gericht hat dann im Einzelfall abzuwägen. Die zentrale Überlegung im Celler Urteil stellt die Pressemitteilung des OLG so dar: "Die langfristige Förderung der Karriere von Künstlern könne es zwar rechtfertigen, die Kündigungsmöglichkeit für einen gewissen Zeitraum auszuschließen, weil sich Anfangsinvestitionen erst mit fortschreitender Karriereentwicklung rentierten. Sollten die Leistungen der Agentur aber nicht den Erwartungen des Models entsprechen, hätte dieses über einen langen Zeitraum faktisch keine Möglichkeit, die Agentur zu wechseln."
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