Wie funktionierte die Vorsteuerpauschale?
Für die Veranlagungen bis einschließlich dem Steuerjahr 2022 konnten einige Berufe eine sehr einfache Umsatzsteuererklärung machen. Die Option wurde aber zum 1.1.2023 abgeschafft. Die entsprechende Änderung durch das Jahressteuergesetz 2022 begründete der Gesetzgeber mit der der geringen Bedeutung für die Praxis. Für Betroffene bedeutet das eine weitere Bürokratisierung ihrer Buchhaltung.
Letztmalig für das Jahr 2022 erlauben es also die – inzwischen gestrichenen – §§ 69 und 70 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (auf der Grundlage von §23 UstG) einer Reihe von Selbstständigen, ihre Vorsteuer "nach Durchschnittssätzen" zu berechnen. Darunter insbesondere Medien- und Kulturschaffende, Bildungsberufe sowie der Handel und das Handwerk. Die vollständige Liste findet sich in der Umsatzsteuer-Handausgabe 2019/2020 unter dem Punkt "Anlage zu den §§ 69-70 UStDV". Die genannten Berufe durften ihre Vorsteuer – ohne einen einzigen Beleg anfassen zu müssen – einfach mit einem festgelegten Prozentsatz von ihrem (Netto-)Umsatz berechnen: Vorsteuer = Nettoumsatz x Durchschnittssatz.
Das Ergebnis wurde einfach in ein einziges Feld der Umsatzsteuererklärung und -voranmeldung eingetragen und fertig war die Berechnung der Umsatzsteuer. – Erlaubt war diese einfache Methode ausschließlich explizit in der Anlage zur Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UstDV) genannten Berufen. Die Durchschnittssätze betrugen beispielsweise für
- Bühnen- und Rundfunkmitarbeit 3,6%,
- Grafik (nur künstlerische – keine Grafikdesignerinnen) 5,2%,
- Hochschullehre (für nebenberuflich selbstständige Tätigkeit) 2,9%,
- Journalismus (Wort und Bild) 4,8%,
- Schriftsteller 2,6%,
- Steinmetzinnen 8,4%.
Wer mehrere Berufe hat, konnte für jeden einzelnen in den Anlagen zur UstDV aufgeführten Berufe die jeweils genannte Pauschale anwenden. Ebenso ist es möglich, nur bei einem Beruf zu pauschalieren und bei der anderen Tätigkeit die Vorsteuer durch Einzelnachweise zu berechnen. Voraussetzung für die Anwendung der Pauschale war, dass der Umsatz im jeweiligen Beruf im letzten Jahr nicht über 61.356 € lag. Der maßgebliche Umsatz umfasste alle Betriebseinnahmen
- ohne Umsatzsteuer,
- abzüglich umsatzsteuerfreie Honorare aus Lehrtätigkeit,
- abzüglich nicht steuerbare Umsätze aus dem Verkauf von Nutzungsrechten ins Ausland.
Wer höhere Umsätze in einem anderen Beruf hatte, also in einem, der nicht pauschalisiert werden durfte, konnte den Pauschalsatz auf die Umsätze in den privilegierten Berufen trotzdem anwenden. – Solange der Gesamtumsatz aller selbstständigen Tätigkeiten unter 61.356 € lag, war der Pauschalsatz selbst auf berufsfremde Umsätze anwendbar, solange "fremde" Umsätze nicht mehr als ein Viertel des Gesamtumsatzes ausmachten. Im Einzelhandel galt sogar eine 50-Prozent-Grenze.
Die Abschaffung der pauschalen Berechnung der Vorsteuer war nur für die Finanzverwaltung eine Vereinfachung, nicht aber für die Selbstständigen. Zusätzlich kostete die Abschaffung oft auch Geld, weil die Pauschale nicht selten höher lag als die tatsächlich bezahlte Vorsteuer – was unter dem Strich zu einer Gewinnerhöhung gerade für jene führte, die sie gut gebrauchen konnten: Von der Regelung profitierten insbesondere Selbstständige mit geringen Umsätzen und Gewinnen. Dass die pauschale Abrechnung ungünstiger war als die Einzelabrechnung, passierte eigentlich nur bei Leuten, die in den ersten Berufsjahren sehr hohe Investitionen in ihr Equipment tätigen. Für die war es schon immer besser, nicht nach Durchschnittssätzen abzurechnen.