Die englische oder irische 'Limited'

Als Geheimtipp für Leute, die sich ohne großen finanziellen Aufwand der persönlichen Haftung entziehen wollten, wurde ab Anfang der 2000er Jahre eine Weile die englische "Limited" gehandelt. Als ihr wesentlicher Vorteil wurde gepriesen, dass als Gründungskapital, das bei der echten GmbH mindestens 25.000 € betragen muss, schon ein einziges englisches Pfund ausreichte und Haftung trotzdem auf das Gesellschaftskapital beschränkt war. Die Strahlkraft des Modells hatte bereits durch die Einführung der Unternehmergesellschaft stark nachgelassen. Diese "kleine GmbH", kann ebenfalls praktisch ohne Kapital gestartet werden.

Seit dem Brexit-Beschluss ist die von Deutschland aus betriebene britische Limited endgültig unattraktiv geworden. Das Unternehmen Go Ahead, das nach eigenen Angaben rund 60 Prozent der in Deutschland gegründeten britischen Limiteds begleitet (und das Modell entsprechend stark propagiert) hat, nennt den Hauptgrund, warum die englische Limited inzwischen faktisch tot ist: "Wenn Ihre englische Limited Ihren Verwaltungssitz nicht im Vereinigten Königreich, sondern in Deutschland hat, ändert sich durch den Brexit etwas an der Anerkennung Ihrer Gesellschaft in Deutschland. Nach herrschender Ansicht in der juristischen Fachliteratur entfällt die Haftungsbeschränkung." - Der Mitbewerber easy-limited benennt es noch deutlicher: "Für den Betrieb in Deutschland kommen wegen des Brexits allerdings keinen englischen Limiteds mehr in Frage, sondern nur irische." – Vorsicht bleibt jedoch auch bei der irischen Variante angebracht: Wer von Deutschland aus eine Limited gründet,

  • benötigt einen Direktor und einen company secretary, der für die Einhaltung der formalen Pflichten verantwortlich ist,
  • benötigt ein registered office im Land der Gesellschaft, wo die Post zugestellt werden kann und wo alle wichtigen Dokumente der Gesellschaft aufbewahrt werden müssen – unter anderem alle wichtigen Buchhaltungsunterlagen, die älter als ein halbes Jahr sind,
  • muss jährlich beim Gesellschaftsregister des Landes als annual return eine Reihe wichtiger Daten einreichen,
  • muss jährlich beim Gesellschaftsregister die accounts einreichen, das ist ein Geschäftsbericht, die Bilanz und eine Gewinn- und Verlustrechnung,
  • muss mit einer Reihe heftiger Sanktionen rechnen, falls diese Vorschriften nicht eingehalten werden, die von hohen Geldstrafen bis zur Auflösung der Gesellschaft reichen können,
  • muss als Direktor bei bestimmten Pflichtverletzungen wieder persönlich haften.

Und noch ein unangenehmes Detail: Wenn es Streitigkeiten unter den Gesellschaftern gibt, z.B. um die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, müssen diese vor einem Gericht am Niederlassungsort der Gesellschaft ausgefochten werden. Wer glaubt, dass sich der ganze Aufwand trotzdem lohnt, sollte noch die Folgen einer solchen Gesellschaftsgründung in Deutschland beachten:

  • Genauso wie die GmbH ist die Limited eine Kapitalgesellschaft und damit gewerbesteuerpflichtig. Und das kostet als Limited deutlich mehr, denn einen Freibetrag und eine Abzugsmöglichkeit der Gewerbesteuer von der Einkommensteuer wie sie für Einzelunternehmer und die GbR existiert, gibt es für Kapitalgesellschaften nicht.
  • Als Kapitalgesellschaft ist die Limited körperschaftssteuerpflichtig.
  • Als Kapitalgesellschaft ist die Limited buchführungspflichtig. Statt der einfachen Einnahmenüberschussrechnung, wie sie Freiberufler und Kleingewerbetreibende machen dürfen, muss sie ihren Gewinn also mit doppelter Buchführung ermitteln.

Gegenüber einem Alleinunternehmen oder einer GbR, bindet sich, wer eine Ltd. gründet, meist auch noch eine höhere Steuerlast ans Bein. Da ist die "Arme-Leute-GmbH" in Form einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) im Normalfall deutlich zu bevorzugen. Eine Alternative stellt die (irische) Limited allenfalls für Leute dar, die ohnehin vorhaben, eine "echte" GmbH zu gründen. In Form der Limited gründet die in Deutschland aber eigentlich nur, wer sich der Haftung über die Kapitaleinlage entziehen will. Das wissen natürlich auch die Vertragspartner. Vertrauensfördernd wirkt das "Ltd." im Briefkopf also selten. Das relativiert auch den einzigen Vorteil, der einer Ltd. gegenüber der GmbH noch geblieben ist: ihre internationale Bekanntheit.