Schon seit längerem trommeln die Vertreter der Bauwirtschaft für eine Begrenzung der Solo-Selbstständigkeit in der Branche. Tatsächlich ist diese Branche stark betroffen von Dumping und Scheinselbstständigkeit. Fraglich ist jedoch, ob der immer wieder geforderte generelle Protektionismus über Meisterpflicht und hohe Sozialbeiträge für alle Formen der Solo-Selbstständigkeit gesamtgesellschaftlich gerechte Lösungen fördert.
„Statt möglichst hohe Zugangshürden für die Selbstständigkeit zu fordern“, so Gunter Haake vom ver.di-Referat für Selbstständige, „könnten die Branchenvertreter ja auch einmal ausloten, wie sie ein Honorarniveau etablieren können, dass es unattraktiv macht, Selbstständige allein als Kostenkonkurrenz zu beschäftigen“. Die jahrzehntelange Erfahrung der ver.di zeige, dass es langfristig darauf ankommt, Arbeitsmärkte im Interesse aller Erwerbstätigen zu regulieren. „Das gelingt wesentlich einfacher und besser wenn abhängig Beschäftigte und Selbstständige sowie Auftrag- und Arbeitgeber gemeinsam Löhne und Honorare sichern“.
Der Gewerkschafter hat daher nichts dagegen, wenn der Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, Thomas Möller per Pressemitteilung „die konsequente Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit“ fordert, zweifelt aber daran, dass es reicht, Menschen, die ihre Arbeitskraft zu billig anbieten, aus ihren Jobs zu verdrängen. „Das Problem der Niedrigeinkommen ist hier nicht die Anbieter- sondern die Nachfrageseite“ findet Haake. Während Immobilienpreise und Mieten explodierten, würden in der Bauwirtschaft „ganze Arbeitskolonnen zu Niedrigsthonoraren abgespeist“. Weder auf dem Bau, noch sonst wo sei das Problem der Niedrigeinkommen allein durch die Abschottung der Arbeitsmärkte effektiv zu lösen.
Genau das aber verbindet Möller mit der Forderung nach einer „Versicherungspflicht zur Sozial-, Renten- und auch Unfallversicherung für alle Selbstständigen“ Nur so könne vermieden werden, „dass diese Einzelkämpfer später in Altersarmut geraten und damit zusätzlich unsere Sozialsysteme belasten“. Zudem fordert der Bauwirtschaftsfunktionär mehr Verantwortung von der öffentlichen Hand, die oft zu Preisen kalkuliere zu denen ein seriös agierendes Unternehmen kaum Leistungen anbieten könne. Bei letzterem Punkt ist er sich mit dem ver.di-Vertreter einig, der ähnliche Probleme auch bei den Honoraren öffentlicher Bildungsträger ausmacht. Aber bei aller Einigkeit, dass es eine generelle Altersvorsorge geben sollte, gehe es dabei eben nicht darum, Selbstständige abzuschrecken. Im Gegenteil müsse „darauf geschaut werden, warum einige Selbstständige keine Mittel zur Altersvorsorge haben. Gegebenfalls ist schlicht durch Auftraggeber- oder Staatsbeteiligung an der Vorsorge sicher zu stellen, dass auf Mini-Einkommen nicht zwangsläufig Altersarmut folgt“.