Interessenvertretung und Gewerkschaft

Wenn selbstständige Arbeit einen grundsätzlichen Nachteil hat, dann ist es die Vereinzelung. Besonders in kreativen Berufen gibt es oft lange Arbeitsphasen, in denen Solo-Selbstständige ganz auf sich selbst konzentriert sind, ohne zwingende Kontakte zur Außenwelt. Dabei sind gerade sie auf Kontakte angewiesen, auf Kritik, auf Austausch, auf Erfahrungen anderer, auf Klatsch, auf berufsfachliche Informationen.

Die Mitgliedschaft in einem beruflichen Zusammenschluss, in einer Gewerkschaft oder einem Verband ist letztlich unverzichtbar, gerade beim Start in die Selbstständigkeit. So wird die Kommunikation gefördert, z.B. über Mailinglisten, Social Media, Blogs und Websites, über Stammtische vor Ort oder Videokonferenzen. Es werden fachliche aber auch gesellschaftliche Diskussionen gefördert und notwendige Informationen zur selbstständigen Arbeit verbreitet, z.B. in Steuer-, Versicherungs-, Rechts- und berufsinhaltlichen Fragen. Ein individuell wie kollektiv nützlicher Zusammenschluss muss den Austausch organisieren, Lobbyarbeit machen, die Mitglieder fundiert beraten und am besten auch gleich einen beruflichen Rechtsschutz bieten.

Eine für alle: ver.di und ihre Fachgruppen

Welche Verbände individuell in Frage kommen, hängt vom Beruf ab – aber auch von der politischen und persönlichen Einstellung. Es gibt Verbände, die sich eher als Wirtschaftsverband verstehen und bei denen ein gutes Stück weit (Gruppen-)Egoismus die DNA des Verbunds bildet, und es gibt Verbände und Initiativen, denen es mehr auf Solidarität untereinander, aber auch mit anderen Berufsgruppen und Erwerbstätigen ankommt. In etlichen Berufen hat sich in den letzten Jahren die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di als kompetente Interessenvertretung erwiesen – gerade für "kleine" Selbstständige, die in den klassischen Unternehmer- und Arbeitgeberverbänden immer unter den Tisch fallen. Und gleichzeitig geht es einer Gewerkschaft auch um eine solidarische Gesellschaft. Ihre Lobbyarbeit weist deshalb über das Berufsfachliche hinaus, mit anderen Initiativen arbeitet ver.di auch zu Dingen wie der Wohnungsfrage oder Klimaschutz, hat Gruppen wie den Arbeitskreis LSBTTIQ oder die Migrationspolitik.

Auch wenn eine Gewerkschaft für Selbstständige manchen komisch vorkommt: die gibt es schon seit vielen Jahrzehnten. die Arbeit, die die Schriftsteller und die Journalistinnen in der IG Druck und Papier begonnen und in der IG Medien weitergeführt haben, setzen sie in ver.di in ihren autonomen Fachgruppen mit eigenen Strukturen unter dem Dach der großen Gewerkschaft fort. – Was historisch im Medien- und Kulturbereich begann, setzt ver.di inzwischen in einem bunten Spektrum von Berufen fort. Nach dem Prinzip "Die Gewerkschaft ist für alle da, die von ihrer eigenen Arbeit leben", hat ver.di rund 30.000 Selbstständige als Mitglieder organisiert.

Die Grenze liegt dort, wo Selbstständige zu Arbeitgebern werden: Die wird ver.di nicht gegen die Arbeitnehmerinnen vertreten und ihnen auch keinen Rechtsschutz geben. Aber alle, die ihre selbstständige Arbeit im Wesentlichen selber machen, sei es als Hebamme oder Ausstellungskurator, als Softwaredesignerin, als Dozent oder Jazzerin, als Journalist oder Literaturübersetzerin, haben ihren Platz in ver.di. – Wer als Selbstständiger zu ver.di kommt, darf allerdings nicht in allen Bereichen ein gemachtes Bett erwarten. Aber es gibt in den bislang weniger selbst organisierten Berufen und Branchen umso mehr Chancen, mitzugestalten und von der Kraft einer großen Organisation zu profitieren.

Dass die Beratung und Organisation auch über Berufsgrenzen funktioniert, zeigt nicht zuletzt dieser Ratgeber: ebenso ein Produkt gewerkschaftlicher Arbeit wie die Beratung von selbststaendigen.info. ver.di berät, gibt Rechtsschutz, vernetzt, leistet Lobbyarbeit und schließt darüber hinaus beispielsweise auch Tarifverträge für arbeitnehmerähnliche Selbstständige ab, ver.di sitzt in den Aufsichtsgremien der Künstlersozialversicherung und ist die wichtigste Verhandlungspartnerin der Verlage, Film- und Musikproduzenten und Rundfunkanstalten bei der Festlegung "angemessener" Honorare für Urheberinnen. Wenn auch mancher Berufsverband in seiner Branche mehr Mitglieder hat als ver.di – was die berufsübergreifende Interessenvertretung für allein arbeitende Selbstständige angeht, ist ver.di unbestritten führend in Deutschland, ja sogar in Europa.

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