Rentenversicherungspflichtige Selbstständige
Zurzeit schreibt das Sozialgesetzbuch 6 im §2 die Rentenversicherungspflicht für einige definierte Berufe vor. Selbstständige, die bereits heute der Versicherungspflicht unterliegen sind (vollständige Auszählung):
- Lehrer, Erzieherinnen und Pflegepersonen, die keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
- Seelotsen,
- Künstlerinnen und Publizisten,
- Hausgewerbetreibende,
- Küstenschiffer und Küstenfischer,
- Handwerker sowie
- Selbstständige mit nur einem Auftraggeber, die regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
Die Rentenversicherungspflicht gilt bei Einkünften von mehr als 538 € im Monat (bzw. 325 € bei KSK-Tätigkeiten) und auch bei nebenberuflicher Tätigkeit: Wer neben dem Hauptjob Nachhilfeunterricht erteilt und damit jährlich mehr als 6.456 € (KSK: 3.900 €) Gewinn erzielt, muss Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung zahlen. Wie sich die errechnen und wie das Einkommen nachgewiesen wird, steht im im Detailtext zu den Kosten der Renten-Pflichtversicherung.
Die Handwerker, die einen zulassungspflichtiges Handwerksbetrieb (ein sogenanntes A-Gewerk) führen, können die Pflichtversicherung nach 18 Jahren Beitragszahlung verlassen, alle anderen Selbstständigen in den genannten Berufen bleiben oder werden versichert, sobald sie dabei die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten.
Die Versicherungspflicht entfällt, wenn Selbstständige versicherungspflichtige Arbeitnehmer beschäftigen. Geringfügig Beschäftigte gelten jedoch nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 2 SGB 6. Allerdings können als "ein Arbeitnehmer" auch zwei (oder mehr) geringfügig Beschäftigte gelten, wenn deren Lohnsumme zusammen die 538-Euro-Grenze übersteigt (Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.11.2005, Aktenzeichen B 12 RA 5/03 R).
Da die Versicherungspflicht der Selbstständigen heute je nach Kriterium unterschiedlich ausgestaltet ist und viele Selbstständige mehrere dieser Kriterien erfüllen, ist die Reihenfolge wichtig, welche Versicherungspflicht im Zweifelsfall vorgeht:
- Wer hauptberuflich in Kunst oder Publizistik arbeitet oder unterrichtet, wird über die Künstlersozialkasse versichert.
- Wer einen anderen der im § 2 SGB 6 einzeln genannten Berufen ausübt, muss sich qua Beruf auf jeden Fall rentenversichern.
- Erst wenn diese Punkte nicht erfüllt sind, kommt die Versicherungspflicht nach Status für Selbstständige mit nur einem Auftraggeber zum Tragen – mit den entsprechenden Befreiungsmöglichkeiten.
Wer tiefer in das Thema gesetzliche Rentenversicherungspflicht einsteigen und zugleich wissen will, wie die Deutsche Rentenversicherung die Historie und Anwendung der Versicherungspflicht für Selbstständige sieht, findet deren Sicht in den Gemeinsamen Rechtlichen Anweisungen zum §2 SGB 6, die für die Prüfpraxis verbindlich sind. Darin finden sich beispielsweise die Grundüberlegungen des Bundessozialgerichts, dass es bei einer Versicherungspflicht nicht auf die individuelle Vorsorgefähigkeit ankommen kann: Weil der Gesetzgeber bei Sozialversicherungen immer generelle Regelungen finden muss und typisieren darf sowie "aus dem Solidaritätsgedanken heraus" unterliegen bestimmte Selbstständige der Versicherungspflicht "selbst dann, wenn sie im Einzelfall zu einer eigenverantwortlichen Daseinsvorsorge befähigt oder auf Grund ihrer individuellen Lebensverhältnisse nicht schutzbedürftig sind".
Wer sich aktuell mit dem Gedanken trägt, demnächst selbstständig zu arbeiten, sollte bedenken, dass immer wieder über eine Rentenversicherungspflicht für alle Selbstständigen diskutiert wird. Im Koalitionsvertrag von 2021 etwa wurde eine Vorsorgepflicht für neu gründende Selbstständige beschlossen, die (vor dem Scheitern der Ampel-Koalition) 2025 eingeführt werden sollte. Wer in die Selbstständigkeit wechselt, wird dann (wie heute bereits Versicherungspflichtige) rund ein Fünftel des Gewinns in die Vorsorge investieren müssen, da offenbar keine Auftraggeberbeteiligung – vergleichbar den KSK-Regeln – geplant ist. Eine solche Beteiligung wird unter anderem von der Gewerkschaft ver.di gefordert, von der aktuellen Koalition jedoch abgelehnt.