A1-Bescheinigung – der europaweite Versicherungsnachweis

Die A1-Bescheinigung gibt es bereits seit 2010. Sie dient im EU- bzw. EWR-Ausland sowie in der Schweiz als Nachweis, dass die Sozialvorschriften des Heimatlandes gelten, wenn im EU-Ausland gejobt wird. Die Pflicht, vor den Arbeiten im Ausland die Bescheinigung zu besorgen, soll grenzüberschreitende Schwarzarbeit und Ausbeutung verhindern. Sie gilt auch für Berufe, wo das gar kein Thema ist: Wer die Bescheinigung bei einem Auslandsjob nicht vorweisen kann, läuft Gefahr, zusätzliche Beiträge für die ausländische Sozialversicherung sowie ein Bußgeld zu zahlen. Positiv gewendet: Die Bescheinigung schützt bei Tätigkeiten im Ausland vor Doppelbeiträgen und Missverständnissen. Sie muss den zuständigen Behörden auf Verlangen bei einer (noch so kurzen) Berufstätigkeit im Ausland vorgezeigt werden.

Klar, dass nicht bei jedem geschäftlichen Auslandbesuch oder Kundengespräch eine Kontrolle erfolgt. Risikoreicher sind hier schon stationäre Arbeiten, etwa auf ausländischen Baustellen oder an Filmsets. Da die Regeln aber für jede berufsbedingte Auslandsreise gelten und es keine Bagatellgrenze gibt, kann schon eine stundenweise Messeteilnahme, ein kurzer Arbeitseinsatz beim Auslandskunden oder ein Konzertauftritt unangenehme Situationen bringen.

Ursprünglich wurden Selbständige beim elektronischen Meldeverfahren vergessen, inzwischen sind sie in das SV-Meldeportal eingepflegt, seit Januar 2024 ist die Anmeldung nur noch dort möglich. Das Portal ist für jene, die das "SV-Meldeportal ausschließlich als Selbstständige im Rahmen des A1-Antragsverfahrens nutzen" gebührenfrei. Um den „A1-Antrag Entsendung Selbständige“ zu stellen, ist jedoch eine Registrierung für das Portal notwendig. Die ist für Selbstständige, die keine Angestellten entsenden wollen, alles andere als intuitiv weil zuerst eine Identifikationsprozedur zu durchlaufen ist. Früher war dafür erst einmal ein ELSTER-Unternehmenskonto einzurichten (wofür natürlich eine ELSTER-Anmeldung und die ELSTER-Zertifikatsdatei benötigt wurden, heute kann alternativ auch die Bund-ID verwendet werden. Letztere schafft in Sachen Antragstellung ein wenig bürokratische Erleichterung,  aber natürlich ist auch hier eine Anmeldung nötig, die in der Regel einen Personalausweis mit Onlinefunktion, einen elektronischer Aufenthaltstitel oder die Unionsbürgerkarte erfordert.
Um das SV-Meldeportal zu verstehen hilft es ein wenig, die Beschreibung zur Registrierung aufmerksam zu lesen. Die richtet sich (natürlich) erst einmal an Arbeitgeber, aber auch Solo-Selbstständige, an die die Erfinder des Prozesses offensichtlich wenig Gedanken verschwendet haben, kommen hier mit ein wenig Mühe ans Ziel. 

Der Hintergrund für den ganzen Aufwand ist: Grundsätzlich, so Artikel 11 der EU-Verordnung Nr. 883/2004"unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats". Wenn sie jedoch "in zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt" (so Artikel 12), unterliegt die Person den Vorschriften des eigenen Wohnmitgliedstaats, "wenn sie dort einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit ausübt". Zwar regelt die Verordnung tatsächlich noch viele Sonderfälle und legt die Verordnung Nr. 987/2009 noch seitenweise Definitionen nach, aber im Kern und Normalfall geht es exakt um diese paar Sätze und die schlichte Tatsache, dass bei grenzüberschreitender Arbeit in der EU keine ständige An- und Abmeldung zur Sozialversicherung im Arbeitsland erfolgen soll. Dass aber tatsächlich eine durchgehende Versicherung im Heimatland vorliegt (und keine Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen im Arbeitsland notwendig ist), muss nachgewiesen werden. Der ganze Aufwand wird betrieben und wurde leider nötig, weil es ohne entsprechende Kontrollen zu massenhaftem Betrug an den Sozialversicherungen durch entsendende Unternehmen kam und kommt.

Manchmal wird im Ausland auch ein nachträglicher Nachweis akzeptiert, aber erstens ist das sehr unsicher und zweitens vergleichsweise aufwändig. Daher: Die Bescheinigung am besten immer vor einer Geschäftsreise oder dem Auslands-Gig besorgen.


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