Gewerbe oder freier Beruf?
Eine der entscheidenden Fragen für den Status Selbstständiger lautet: Bin ich Gewerbetreibender oder Freiberuflerin? Der Freiberuflerstatus bringt eine Reihe von Vorteilen. Am wichtigsten ist die Entlastung bei der Bürokratie, zudem sind von den lästigen Vorschriften für Gewerbetreibende inklusive der HGB-Regeln befreit. Angehörige der Freien Berufen müssen kein Gewerbe anmelden, sind nicht gewerbesteuerpflichtig und (jenseits der klassischen Freien Berufe) kein Pflichtmitglied der Kammern. Die Entscheidung ob eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit vorliegt, trifft im Zweifel das Finanzamt: Wer nicht als Freiberufler anerkannt wird, ist automatisch gewerbetreibend.
Freie Berufe
Sie müssen ihre selbstständige Tätigkeit lediglich beim Finanzamt anmelden. – Für bestimmte freie Berufe gibt es weitere Privilegien. Dort wo sie Kammern bilden durften, werden die Honorare meist gesetzlich garantiert und berufsständische Versorgungswerke angeboten. Als besonderes Privileg für Selbstständige in der Publizistik und Kunst die Sozialversicherung über die Künstlersozialkasse. Grob über den Daumen kann man sagen: Selbstständige Künstler, Publizistinnen und Lehrkräfte sowie Selbstständige in sozialen und Gesundheitsberufen arbeiten fast ausnahmslos freiberuflich; Selbstständige im Bereich IT und Internet sind mit nur wenigen Ausnahmen Gewerbetreibende.
Die grundlegende Definition ist natürlich etwas genauer und steht im § 18 Einkommensteuergesetz. Der nennt im Absatz 1, Nr. 1 die für Solo-Selbstständige relevanten Tätigkeiten. (Genauer gesagt unterscheidet er in Tätigkeitsberufe und Katalogberufe sowie den letzteren ähnliche Berufe.) Demnach sind als eindeutig freiberuflich definiert alle Selbstständigen mit einer
- wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit,
- sowie im Katalog aufgezählte Berufe, wie etwa Ärzte, Steuerberater, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Ingenieure, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer und
- den Katalogberufen ähnliche Berufe.
Der Begriff "unterrichtende Tätigkeit" führt oft zu dem Trugschluss, jede Tätigkeit die Unterricht genannt wird, sei freiberuflich. Tatsächlich ist im Kern gemeint: Unterricht, der allgemein als persönliche Dienstleistung höherer Art angesehen wird. Entscheidend ist, dass der Beruf üblicherweise eine Hochschulausbildung erfordert. Das ist beispielsweise beim Tanz-, Golf- oder Yogaunterricht nicht der Fall, die daher als gewerblich bewertet werden. Mancher Unterricht ist also steuerrechtlich gewerblich, sozialrechtlich aber trotzdem als Lehrtätigkeit rentenversicherungspflichtig.
Bei Gesellschaften spielt auch die Gesellschaftsform eine Rolle:
- Eine Partnerschaftsgesellschaft ist immer freiberuflich – da sie nur von Freiberuflerinnen und Freiberuflern gegründet und betrieben werden kann.
- Eine Personengesellschaft, also in der Regel eine GbR gilt dann als freiberuflich, wenn alle Mitglieder der Gesellschaft persönlich einen freien Beruf ausüben. Bereits wenn ein einziges Mitglied im Rahmen der GbR gewerblich tätig wird, wird die gesamte Gesellschaft gewerblich.
- Eine GmbH ist per Definition gewerblich – auch wenn sie als "Freiberufler-GmbH" oder als GmbH & Co. KG gegründet wurde.
Gewerbliche Berufe
Eindeutig gewerblich sind alle Tätigkeiten, die nicht unter den Katalog der freien Berufe fallen, also
- jeglicher Handel – egal ob mit Kunst, Lehrgangsskripten, Computerteilen oder Eis am Stiel,
- jegliche Produktion – egal ob von Büchern, DVD, Hardware oder Kunsthandwerk,
- jegliches Handwerk (siehe dazu auch das Kapitel "Sonderproblem Handwerk").
- alle Beratungstätigkeiten, die keine Hochschulausbildung erfordern, wie Web-Consulter und PR-Berater,
- alle Vermittlungstätigkeiten, also z.B. von Maklerbüros, Mitfahrzentralen, Künstler-, Literatur-, Fotoagenturen, Contentprovidern, Jobbörsen und Preisagenturen,
- alle Verwertungen urheberrechtlich geschützter Leistungen wie Galerien, Verlage, oder Eventmanagement.
Wer ein Gewerbe betreibt, ist Kaufmann. Oder Kauffrau. So steht es im Handelsgesetzbuch. Für Kaufleute gilt zusätzlich zu den allgemeinen Pflichten der Selbstständigen: Sie
- müssen ein Gewerbe anmelden,
- müssen Gewerbesteuer zahlen,
- müssen Mitglied in der IHK (Industrie- und Handelskammer) werden,
- müssen ihr Unternehmen ins Handelsregister eintragen lassen,
- dürfen dafür aber einen beliebigen Phantasienamen nutzen,
- sind zur doppelten Buchführung und zur Bilanzierung verpflichtet und
- unterliegen den strengen Regeln des Handelsgesetzbuchs (HGB).
Erleichterungen gibt es für Kleingewerbetreibende, die mit ihrem Geschäft eine bestimmte Größe noch nicht überschritten haben. Insbesondere können die sich den Eintrag ins Handelsregister sparen, können ihn aber vorsehen.
Auch Kapitalgesellschaften wie die GmbH und die AG haben alle oben genannten Pflichten eines Kaufmanns. Für Personengesellschaften wie die OHG und die KG gilt dagegen dieselbe Abgrenzung wie zwischen Kaufleuten und Kleingewerbetreibenden. Eine gewerblich tätige GbR ist nur unterhalb der Grenze für das Kleingewerbe erlaubt. Wächst ihr Umsatz oder Gewinn darüber hinaus, wird sie automatisch zur OHG.