Dienstvertrag
Während es beim Kaufvertrag und Werkvertrag um eine Lieferung oder ein Produkt geht, werden mit einem Dienstvertrag Leistungen vereinbart – Arbeitsleistungen, die erst noch erbracht werden sollen. Eine Dozentin, die sich für einen Kurs verpflichten lässt, geht damit einen Dienstvertrag ein. Sie verpflichtet sich, zu bestimmten Terminen an bestimmten Orten einen bestimmten Lehrstoff zu vermitteln.
Typische Dienstverträge liegen ebenso vor, wenn eine Journalistin die redaktionelle Betreuung einer Rundfunk-Sendereihe übernimmt oder ein Systemanalytiker die EDV eines Unternehmens einer Schwachstellenanalyse unterzieht. Dass solche Aufgaben auch in einem Arbeitsverhältnis übernommen werden könnten und mancher scheinbare Honorarvertrag in der konkreten Durchführung eine Scheinselbstständigkeit begründet, es also eine Grauzone gibt, ist kein Zufall: Der Arbeitsvertrag ist lediglich eine besondere Form des Dienstvertrags. Anders als beim Werkvertrag ist die Kündigung beim Dienstvertrag meist nicht von heute auf morgen möglich – und zwar für beide Seiten nicht.
Das Honorar aus einem Dienstvertrag ist grundsätzlich fällig, wenn der vereinbarte Dienst geleistet ist – Qualität und Ergebnis spielen grundsätzlich keine Rolle. Im Dienstvertrag wird "kein Erfolg geschuldet", folglich gibt es hier auch keine Nachbesserungspflicht.
Dienstverträge können auch mündlich vereinbart werden, besser ist natürlich sie schriftlich zu verfassen und als Kernelemente mindestens niederzuschreiben:
- die vereinbarte Dienstleistung,
- den Umfang der Leistung (z.B. ein festes Zeitkontingent, eine bestimmte Stundenzahl pro Woche oder eine anders definierte Arbeitsleistung),
- Arbeitszeiten bzw. den Zeitrahmen, in dem die vereinbarte Leistung erbracht werden muss,
- die vereinbarte Vergütung mit Angaben zu Mehrwertsteuer, Spesen usw.,
- Zahlungsmodalitäten,
- die Vorleistungen des Auftraggebers (z.B. die Bereitstellung von Räumen, Geräten und Material),
- Nebenleistungen des Auftragnehmers (z.B. Erstellung von Unterrichtsmaterialien),
- die Laufzeit des Vertrages und/oder Kündigungsfristen.
Einige Verträge mit "freien Mitarbeitern" nähern sich sehr stark an Arbeitsverträge an. Diese sollten dann auch ähnlich ausgestattet werden. Bei wirtschaftlich abhängigen Selbstständigen ist das zum Teil sogar gesetzlich so geregelt. Wer z.B. einen unbefristeten Pauschalvertrag mit festen Arbeitszeiten in einer Zeitungsredaktion eingeht, sollte darauf bestehen, dass im Vertrag zumindest bezahlter Urlaub und die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall festgeschrieben wird. Genaueres dazu steht im Kapitel "Sonderbedingungen für langfristige Dienst- und Pauschalverträge".
Manchmal wird auch die Erstellung eines Werks fingiert, um darüber hinwegzutäuschen, dass tatsächlich ein Dienst vereinbart wird. So etwas spielt insbesondere bei den Themen Haftung, Kündigung und Scheinselbstständigkeit eine Rolle. Tatsächlich ist die Abgrenzung zur Herstellung eines Werks manchmal gar nicht so einfach. Bei Verträgen, bei denen nicht ganz klar ist, ob es sich beim Auftrags tatsächlich um ein Werk oder nicht doch um einen Dienstvertrag handelt, lohnt sich ein Blick auf die Definition des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 25.9.2013, Az 10 AZR 282/12), der sich das Bundessozialgericht inzwischen angeschlossen hat: Bei einem echten Werkvertrag hat diejenige, die den Auftrag bekommt, die volle Autonomie wann und wie sie das Werk herstellt. Der Besteller legt in dem Fall lediglich fest, welche Beschaffenheit (Größe, Aussehen, Funktion) das Produkt haben soll. Werden vom Besteller auch die Arbeitsvorgänge und die Zeiteinteilung bestimmt und ist die angebliche Werkunternehmerin in einen arbeitsteiligen Prozess derart eingegliedert, dass von einer eigenverantwortlichen Organisation beim Herstellen des Werks keine Rede sein kann, "liegt ein Arbeitsvertrag nahe" (Randziffer 85 des BAG-Urteils), der ja nur eine Unterform des Dienstvertrages ist.
Last not least: Liegt ein Dienstvertrag vor, können sich Selbstständige auf die Regeln zur beruflichen Gleichbehandlung, mithin den Schutz vor Diskriminierung berufen. Das hat der Europäischen Gerichtshof (EuGH) am 12.1.23 in einem Urteil (Rechtssache C?356/21) noch einmal bekräftigt. Allerdings gilt das nicht für einzelne sondern nur für dauerhaft Aufträge, also beispielsweise auf Grundlage eines unbefristeten Dienstvertrags arbeiten. Liegt eine entsprechende Dauerbeziehung vor, können sich Selbstständige in Deutschland auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen, wenn sie eine Benachteiligung erfahren "wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität" (§ 1 AGG), denn – so der EuGH – die Auslegung der Antidiskriminierungs-Richtlinie aus dem Jahr 2000 ist weit auszulegen und entsprechend jegliche berufliche Tätigkeit von der Richtlinie 2000/78/EG ("Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf") erfasst.
Und für alle, die lieber einen Mustervertrag verwenden wollen, als einen Vertrag aufzusetzen, diskutieren wir noch in einem weiteren Text die Frage: Gibt es brauchbare Musterverträge?