Freiwillige Arbeitslosenversicherung
Wer schon einmal abhängig beschäftigt war, kann sich als Selbstständiger unter bestimmten Bedingungen in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung freiwillig weiterversichern. Die Absicherung ist nicht möglich, solange parallel noch die Pflichtversicherung einer abhängigen Tätigkeit besteht. Entsprechend ruht sie auch, wenn zusätzlich eine solche Beschäftigung aufgenommen wird. Die sogenannte Versicherungspflicht auf Antrag war bei ihrer Einführung außergewöhnlich günstig, die Beiträge sind jedoch inzwischen erheblich erhöht und die Bedingungen verschlechtert worden.
Das ursprünglich konkurrenzlose "Preis-Leistungs-Verhältnis" dieser im § 28a SGB 3 geregelten Versicherungsmöglichkeit wurde durch mehrere Beitragserhöhungen stark verschlechtert. Daher ist die freiwillige Versicherung heute nur noch für überdurchschnittlich qualifizierte Selbstständige günstiger ist als für Arbeitnehmer gleicher Qualifikation. Wer seine selbstständige Tätigkeit ohne jede Qualifikation ausüben kann, zahlt für das Arbeitslosengeld verhältnismäßig mehr ein als eine Arbeitnehmerin.
Der einkommens- und qualifikationsunabhängige Festbeitrag startete im Jahre 2010 unter 20 € und liegt im Jahr 2024 bereits bei monatlich 91,91 € (bzw. 90,09 € im Osten). Dafür bekommt eine Selbstständige im Fall des Falles ein monatliches Arbeitslosengeld zwischen rund 980 € (keine Qualifikation, ledig, kein Kind) und knapp 1.800 € (Hochschulabschluss, Ehepartner ohne eigenes Einkommen, Kind). Details zur Berechnung der Auszahlung stehen im Detailtext "Das Arbeitslosengeld: wie viel, wie lange und was noch?".
Die Beiträge müssen an die Bundesagentur für Arbeit abgeführt werden und sind in der Gründungsphase (Zeitpunkt der Gründung bis Ende des folgenden Kalenderjahrs) halbiert. Das gilt auch bei einer erneuten Gründung, entschied das Bundessozialgericht Ende 2022 (Az. B 12 AL 1/21 R). Demnach ist die Beitragshalbierung "nicht von einer weiteren (ungeschriebenen) Voraussetzung in Form einer 'Existenzgründung' oder eines vergleichbaren beruflichen Neustarts abhängig".
Zugang zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung hat, wer sich aus einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder aus dem Arbeitslosengeldbezug heraus selbstständig macht. - Die Versicherung ist daher, wie Enzo Weber vom IAB, dem Forschungsinstitut der Arbeitsagentur, in 2022 in einem kurzen, lesenswerten Fachartikel schreibt, nicht wirklich eine freiwillige Versicherung für Menschen, die sich selbstständig machen. "Faktisch handelt es sich nicht um eine Arbeitslosenversicherung für Selbstständige, sondern um eine für ehemalige sozialversicherungspflichtig Beschäftigte."
Hierzu stehen die präzisen Bedingungen in einem gesonderten Kapitel Details zur Arbeitslosenversicherung für Selbstständige. Die Grundbedingungen lauten: freiwillig weiterversichern kann sich, wer
- in den dreißig Monaten bzw. 2,5 Jahren zuvor mindestens zwölf Monate lang Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung gezahlt hat oder eine Ersatzleistung (siehe Abs. 4 im § 3 SGB III) wie das Arbeitslosengeld bezogen hat;
- anschließend innerhalb von 30 Tagen eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit mit mindestens 15 Arbeitsstunden pro Woche aufnimmt und
- spätestens 90 Tage nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bei der Arbeitsagentur einen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung stellt.
Eingeführt wurde das heutige "Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag" zum 1.2.2006 mit den Hartz-Reformen. Konkret durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003. - Vielleicht erklärt das die Tatsache, dass die Einführung dieser Regelung von einer massiven Diskussion um angeblich möglichen Leistungsmissbrauch geprägt war und die freiwillige Versicherung bis heute eine ausgeprägte Misstrauenskultur verströmt. Insbesondere gegenüber Selbstständigen, die sich einfach nur ähnlich wie abhängig Beschäftigte absichern wollen.