Beginn der Versicherung beim Clearingverfahren
Viele Auftraggeber bitten ihre Auftragnehmer, eine Zustimmung zum späteren Eintritt der Versicherungspflicht zu geben. Worum es dabei geht, ist einfach: Ohne diese Zustimmung ist der Auftraggeber in jedem Fall verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge der Versicherten zu zahlen – und das rückwirkend seit Aufnahme der Tätigkeit. Die "Vermeidung etwaiger Nachzahlungen", mit der Auftraggeber entsprechende Erklärungen gegenüber den Selbstständigen meist begründen, ist also ziemlich einseitig. Die Beiträge zur Kranken- und Rentenabsicherung muss die Beschäftigte, die so etwas wirksam unterzeichnet, dann komplett selbst aufbringen und – dazu später mehr – auch tatsächlich bereits aufgebracht haben.
Wenn der oder die Beschäftigte also wirklich selbstständig tätig sein und entsprechend die Versicherungskosten allein tragen will, weil sie im Honorar tatsächlich eingepreist wurden und die Umstände des Auftrags nicht eindeutig für eine Scheinselbstständigkeit sprechen, kann eine entsprechende Rückversicherung des Auftraggebers gegen böse Überraschungen durch das Clearingverfahren in Ordnung gehen. Er erhält damit quasi – wenn der Auftragnehmer bzw. die Auftragnehmerin das wirklich will – eine Prämie dafür, dass eine frühe Klärung gesucht und eine Scheinselbstständigkeit nicht wissentlich angestrebt wird. Es muss von vornherein feststehen, dass beide Seiten von einem fairen, echten Vertrag zur Selbstständigkeit ausgehen. Die Zustimmung ist deshalb auch ausschließlich verbindlich, wenn die Klärung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit begonnen wird. Danach kann sie ausschließlich durch die Beschäftigte erklärt werden.
Sind die Bedingungen der vorsorglichen Anfrage – anderweitige Versicherung und übereinstimmender Wille – erfüllt, verschiebt sich der Beginn der Versicherungspflicht auf den Tag, an dem die Clearingstelle der Rentenversicherung ihre Entscheidung zum Status bekannt gibt. Andersherum gilt: Sind diese Bedingungen nicht erfüllt und wird das Statusfeststellungsverfahren später beantragt, beginnt die Versicherungspflicht grundsätzlich rückwirkend zum Tag der Aufnahme der Beschäftigung.
Die anderweitige Versicherung macht der § 7a SGB 4 für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht zur Bedingung. Konkret wird verlangt, dass der oder die Beschäftigte "für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht". – Auch diese Klausel soll Scheinselbstständige davor bewahren, dass das Versicherungsrisiko einseitig auf sie selbst verschoben wird.
Nicht selten verlangen vermeintliche Auftraggeber, die jedoch tatsächlich Arbeitgeber sind, eine Zustimmung nach Ablauf der Monatsfrist. Die allerdings können sie nicht wirksam verlangen, hierüber entscheidet allein die Arbeitnehmerin. Ihre Zustimmungserklärung ist eine einseitige Willenserklärung gegenüber der DRV. Daher kann sie auch nach der Monatsfrist, etwa im gerichtlichen Streit über die Scheinselbstständigkeit, erteilt werden. (BSG vom 5.12.2017, AZ: B 12 R 6/15 R, Randnummer 15). Umgekehrt kann die Mitarbeiterin eine Zustimmung solange widerrufen, bis es eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung zum Status gibt.
Das Ganze dient dem Schutz der Versicherten, die eben auch wissen sollen, welche Folgen ihre Zustimmung hat. Entsprechend – so die rechtliche Anweisung zum Thema in Punkt 3.2 – ist die sie nicht wirksam, "wenn die Vertragsparteien bereits bei Aufnahme der Tätigkeit eine Zustimmung des Arbeitnehmers für den Fall vereinbaren, dass die Tätigkeit in einem Clearingverfahren als Beschäftigung beurteilt wird". Warum der Gesetzgeber hier im Interesse der Beschäftigten besonders sensibel ist und eine Aufklärung über die Nachteile einer Zustimmungserklärung vorsieht, ist ebenfalls erläutert. Insbesondere, so die Anweisung, ist "auf die Bedeutung von Pflichtbeiträgen für den Erwerb einer Rentenanwartschaft sowie für den möglichen Verlust einer Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit durch 'Beitragslücken' hinzuweisen".
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