Verdienstausfall mindern mit Krankengeld und Übergangsgeld

Der selbstständige Unternehmer, wie er als neoliberale Idealvorstellung durch die Gesetzentwürfe schwirrt, braucht keine Absicherung für den Krankheitsfall: Er hat genug Angestellte und Aktien, die sein Einkommen auch dann weiter fließen lassen, wenn er mal krank werden sollte. Die meisten Selbstständigen haben beides nicht: Sie leben als Solo-Selbstständige allein von ihrer eigenen Arbeit. Und wenn die ausfällt, fällt auch das Einkommen aus. Gesetzlich Krankenversicherte können allerdings einen Anspruch auf Krankengeld erwerben. Ob sie es bekommen, und wenn ja, ob vom ersten, vom 15. oder vom 43. Krankheitstag an, hängt von ihrem Status und ihrem Versicherungsvertrag ab. Nur: Je früher und je mehr Krankengeld fließen soll umso teurer wird es.

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind da besser dran: Sie bekommen in der Regel vom ersten Krankheitstag an Geld. Normalerweise ist das die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Und wenn die ausfällt, springt die Krankenkasse mit dem Krankengeld ein.

Das gilt schon seit längerem leider nicht mehr für die ganzen merkwürdigen Arbeitsverhältnisse, von denen es heute so viele gibt: Für

wurde Ende 2008 der bis dahin bestehende Anspruch auf Krankengeld vom ersten Tag an gestrichen – und mit der späteren Gesetzeskorrektur auch nicht wieder eingeführt. Sie können jetzt nur noch einen Krankengeldanspruch vom 43. Tag an erwerben, indem sie eine Wahlerklärung abgeben und den Normalbeitrag von 14,6 % plus Zusatzbeitrag zahlen.

Selbstständige hatten den Luxus einer Entgeltfortzahlung noch nie. Aber auch ihr Anspruch auf Krankengeld, den sie zuvor zumindest erwerben konnten, wurde zum 1.1.2009 gestrichen – und zum 1.8.2009 mit merkwürdigen Verrenkungen wieder eingeführt. Freiwillig gesetzlich Krankenversicherte können sich seitdem wahlweise

  • mit einer ”Wahlerklärung” für einen um 0,6 % Prozentpunkte höheren Beitrag entscheiden und damit Anspruch auf das gesetzliche Krankengeld vom 43. Krankheitstag an erwerben. Für eine frühere Zahlung, meist vom 15. oder 22. Krankheitstag an, müssen die Krankenkassen ihnen Wahltarife anbieten.
  • Einige Kassen bieten auch schon für die Grundversorgung (vom 43. Krankheitstag an) einen Wahltarif an, der im Regelfall jedoch deutlich teurer ist als die Wahlerklärung.
  • Ansonsten bleibt nur eine private Krankentagegeldversicherung.

Überproportional teuer wird das Krankengeld - wie auch die Krankenkassenbeiträge - für sehr gering verdienende Selbstständige, die einen Wahltarif als freiwillig Versicherte abschließen wollen. Auch der wird an einem angenommenen Mindesteinkommen berechnet. Das führt bei geringen Verdiensten zu entsprechenden Mindestbeiträgen, wodurch auch die Beiträge für das Krankengeld prozentual weit höher liegen, als der nominelle Aufschlag. Das fiktive Einkommen auf dessen Grundlage die Tarife mindestens berechnet werden, liegt heute bei 1.178,33 €, nachdem - nach jahrelangem Druck der ver.di - zum 1.1.2019 um rund 56% gesenkt wurden. Dabei wurde übrigens auch die absurde Regel gestrichen, dass freiwillig Versicherte während des Bezugs von Krankengeld ihre Beiträge auf der Grundlage dieser 1.178,33 € zahlen. Statt der dadurch mindestens fälligen 185,00 € Beitrag zahlen sie seit dem Jahr 2019 während des Krankengeldbezugs rein einkommensabhängige Beiträge - danach allerdings gilt auch bei der Berechnung der Beiträge für das Krankengeld wieder der Mindestbemessungswert.

KSK-Versicherte haben auch hier einen Sonderstatus: Sie zahlen ab 325 € Gewinn pro Monat nur einkommensabhängige Beiträge und sie müssen ohnehin den höheren Normalbeitrag zahlen, wodurch sie automatisch Anspruch auf Krankengeld vom 43. Krankheitstag an haben. Auch für sie müssen die Kassen zusätzlich Wahltarife für eine frühere Krankengeldzahlung – und zwar spätestens vom 15. Krankheitstag an – anbieten. Der neben der Auftraggeberbeteiligung zweite große Vorteil der KSK gilt auch für die Krankengeld-Versicherung: Bei allen gesetzlich Pflichtversicherten und damit auch für KSK-Versicherte gibt es kein angenommenes Mindesteinkommen. Die Beiträge zur Grundversicherung wie die der Zusatzversicherungen berechnen sich allein auf Grundlage des realen Erwerbseinkommens.

Da manche Kassen bzw. deren Mitarbeiter den Zwang, Wahltarife anzubieten nicht kennen, hier noch der Link zum § 53 SGB V und die Zusammenfassung der Regelung im Abs. 6 des Paragrafen: "Die Krankenkasse hat in ihrer Satzung für die (...) Versicherten gemeinsame Tarife sowie Tarife für die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten anzubieten, die einen Anspruch auf Krankengeld (...) entstehen lassen, für die Versicherten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (...) spätestens mit Beginn der dritten Woche der Arbeitsunfähigkeit."

Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des versicherten (Brutto-)Einkommens und wird wegen ein und derselben Krankheit bis zu 78 Wochen lang gezahlt.

Auch die Leistungen nach dem "Hamburger Modell" können gesetzlich krankenversicherte Selbstständige mit Krankengeldanspruch grundsätzlich bekommen. Der Pferdefuß: Das Hamburger Modell ist eine Mehrparteien-Vereinbarung. Ihr müssen die Selbstständige, der Arzt und die Kasse zustimmen. Lehnt eine der Parteien ab, gibt es keine Übereinkunft und keine Leistung und wer 'nur' zum ermäßigten Beitrag von 14,0 % versichert ist, fällt sowieso raus.
Die Wiedereingliederungsleistung, die eine stufenweise Rückkehr ins Berufsleben unterstützt, erhalten Selbstständige wenn alles gut läuft entsprechend dem Stufenplan, der gemeinsam mit einer Ärztin erstellt wird. Der ärztliche Plan muss der Krankenkasse vorgelegt werden, die dann das weitere Vorgehen mit der Selbstständigen klärt. Wenn eine Wiedereingliederung möglich ist, soll sie im Normalfall vier bis acht Wochen dauern. Während dieser Zeit bleibt der Anspruch auf Krankengeld erhalten, allerdings verringert sich dieses entsprechend der erzielten Einkünfte. 

Während einer Kur, also einer Rehabilitationsmaßnahme die die gesetzliche Rentenversicherung finanziert, gibt es für gesetzlich Versicherte kein Krankengeld, sondern das Übergangsgeld der Deutschen Rentenversicherung. Nach einer ambulanten oder stationären Reha, die die Rentenversicherungsträger bewilligt hat, ist diese für die Wiedereingliederung zuständig. Und in dem Fall ist es sinnvoll, den Wiedereinstieg und den entsprechenden Plan bereits mit dem Arzt in der Reha-Einrichtung zu besprechen.